heatbeat Blog

Newsletter-Ausgabe 59
03.09.2025

Innovationen in der Fernwärme: 6. Generation Netze & Datenbasierte Netzidentifikation

Liebe Leserinnen und Leser,

in der 59. Ausgabe unseres heatbeat Research Newsletters werfen wir einen Blick auf die neuesten Forschungsergebnisse im Bereich Fernwärme und Fernkälte.

Der erste Artikel, den wir Ihnen vorstellen möchten, ist „6th Generation District Heating and Cooling Networks: Design, Experimental Results and Future Challenges” von Lima, in dem erste Untersuchungen zu einer neuen Generation von Fernwärmenetzen vorgestellt werden, die CO2 als Arbeitsmedium nutzen. Als zweite Studie möchten wir die Veröffentlichung von Droste et al. mit dem Titel „A Methodological Framework for Identifying District Heating Networks in Germany by Utilizing the Census Data” vorstellen. In dieser Studie präsentieren die Autoren ein Framework zur Identifizierung von Fernwärmenetzen auf der Grundlage deutscher Zensusdaten.

Die erste Studie untersucht die Konzeption und experimentelle Validierung eines Fernwärme- und Fernkältenetzes der sechsten Generation (6GDHCN), das CO₂ als Arbeitsmedium nutzt. Im Gegensatz zu früheren Generationen, die auf Einphasenflüssigkeiten und sensiblen Wärmetransport setzten, verwendet das 6GDHCN Phasenwechselprozesse (Verdampfung und Kondensation), um eine höhere Energiedichte zu erreichen und den Infrastrukturbedarf zu reduzieren. Dieser Ansatz adressiert die Einschränkungen von Netzen der fünften Generation, wie große Rohrdurchmesser und Herausforderungen bei der städtischen Implementierung, und ermöglicht außerdem die gleichzeitige Bereitstellung von Wärme- und Kälteleistung. Ziel der Forschung ist es, die betriebliche Machbarkeit des Konzepts nachzuweisen und Konstruktionsherausforderungen für eine zukünftige großtechnische Umsetzung zu identifizieren.

Die im Rahmen des ROADMAP-Projekts entwickelte Versuchsanlage besteht aus einem 100 Meter langen Zweirohrnetz mit einer zentralen Anlage und zwei Nutzern: einem für Heizen und einem für Kühlen, jeweils mit einer Leistung von 13 kW. Das System arbeitet mit CO₂ in flüssiger und dampfförmiger Phase bei etwa 50 bar und 14 °C, gesteuert durch Unterkühlungs- und Überhitzungsszenarios. Tests bestätigten die korrekte Funktion der Teilsysteme und des Gesamtnetzes, einschließlich des automatischen Wechsels zwischen Heiz- und Kühlmodus. Die Ergebnisse bestätigten die Realisierbarkeit des Konzepts und zeigten Leistungstrends, die mit größeren Anlagen vergleichbar sind, was die Emulationsfähigkeit des Laborsystems unterstreicht.

Als zentrale Herausforderung wurde die dynamische Durchflussregelung unter transienten Bedingungen identifiziert, wie z. B. Laständerungen und Betriebsartenwechsel, die zu oszillierendem Verhalten und Risiken wie Pumpentrockenlauf führten. Zukünftige Forschung sollte sich auf fortschrittliche Regelstrategien, prädiktive Algorithmen und Systemmodularität konzentrieren, um Stabilität, Skalierbarkeit und Resilienz zu verbessern. Die Ergebnisse verdeutlichen das Potenzial von CO₂-basierten 6GDHCN für nachhaltige urbane Energiesysteme, mit höherer Effizienz, geringerem Platzbedarf und Kompatibilität zur Integration erneuerbarer Energien.

Die zweite Studie stellt ein systematisches Framework zur Identifizierung und Charakterisierung von Fernwärmenetzen (DHNs) in Deutschland vor, basierend auf den Zensusdaten 2022. Der Ansatz nutzt hochauflösende räumliche Daten zu Heizsystemen in Wohngebäuden und wendet einen dichtebasierten Clustering-Algorithmus (DBSCAN) an, um Cluster von Fernwärmeanschlüssen zu erkennen. Diese Cluster werden als vermutete DHNs modelliert, deren jährlicher Wärmebedarf mithilfe des Hotmaps-Datensatzes geschätzt und anschließend mit amtlichen Landesstatistiken kalibriert wird. Das resultierende AixDHN-Dataset umfasst 8.684 DHNs mit einem geschätzten jährlichen Wärmebedarf von 50,16 TWh. Bemerkenswert ist, dass 90 % dieses Bedarfs auf nur 944 Netze entfallen, was die Dominanz großer urbaner Systeme verdeutlicht.

Das AixDHN-Dataset liefert detaillierte räumliche und nachfragebezogene Attribute und ermöglicht so fortgeschrittene Analysen für die Energieplanung und die Integration erneuerbarer Energien. Ein Anwendungsbeispiel demonstriert die Nutzung des Datensatzes zur Bewertung des technischen Potenzials von oberflächennahen Geothermiekollektoren (SGCs) für die Versorgung von DHNs. Unter Verwendung von Landnutzungsdaten (CORINE Land Cover) und Bodeninformationen wird ein geothermisches Energiepotenzial von 15,31 TWh/a ermittelt, das sich bei Integration von Sole-Wasser-Wärmepumpen (COP ≈ 2,6) auf 24,87 TWh/a erhöhen lässt. Dies entspricht einer Abdeckung von rund 50 % des identifizierten DHN-Bedarfs und verdeutlicht die zentrale Rolle der oberflächennahen Geothermie bei der Dekarbonisierung der Wärmeversorgung.

Die Stärken der Methodik liegen in ihrer Skalierbarkeit, Robustheit und der Nutzung öffentlich verfügbarer Datensätze, wodurch sie ohne zusätzliche regionale Studien deutschlandweit anwendbar ist. Einschränkungen bestehen jedoch in Unsicherheiten der Zensusdaten, fehlenden hydraulischen Netzdetails und vereinfachten Annahmen bei der Potenzialbewertung. Trotz dieser Limitationen stellt das AixDHN-Dataset eine wesentliche Verbesserung gegenüber bestehenden Quellen dar und bietet eine hochauflösende Grundlage für die kommunale Wärmeplanung und die strategische Integration erneuerbarer Energien in den deutschen Wärmesektor.

Weitere Informationen

Wie immer empfehlen wir, die Artikel vollständig zu lesen. Zusätzlich zu diesem Forschungsnewsletter und verschiedenen Blogbeiträgen haben wir unseren Blog um ein monatliches Feature-Update erweitert, das wichtige Entwicklungen und neue Funktionen unseres heatbeat Digital Twin zusammenfasst. Außerdem möchten wir auf unser neues Webinar hinweisen. Weitere Informationen sind hier zu finden https://heatbeat.de/de/blog/83/

Die nächste Ausgabe unseres Newsletters wird am 1. Oktober 2025 erscheinen.

Mit freundlichen Grüßen,
Ihr Heatbeat-Team

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