vielen Dank für Ihr Interesse an unserem ersten heatbeat Research Newsletter. Wir freuen uns sehr, dass Sie sich gemeinsam mit uns auf diese spannende Reise machen möchten. Als Teil unserer internen Forschung und Entwicklung verfolgen wir aufmerksam aktuelle Entwicklungen und Veröffentlichungen in den Forschungsgebieten Fernwärme, Fernkälte und Energie in Quartieren. Mit der Veröffentlichung unseres Newsletters wollen wir Ihnen in dieser und den folgenden Ausgaben je einen ausgewählten Forschungsartikel aus diesen Themengebieten näher vorstellen.
Für diese Ausgabe haben wir das Paper Potential of integrating industrial waste heat and solar thermal energy into district heating networks in Germany von Johannes Pelda, Friederike Stelter und Stefan Holler von der HAWK Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim/Holzminden/Göttingen ausgewählt. Darin werden die Potentiale zur Einbindung von Abwärme und Solarthermie in bestehende Fernwärmenetze für 42 Großstädte in Deutschland untersucht.
Die Ergebnisse für die Abwärmepotentiale zeigen deutliche Unterschiede zwischen Städten mit sehr hohen Potentialen bis hin zur Möglichkeit der vollständigen Deckung des Wärmebedarfs (z.B. Karlsruhe und Trier) und Städten mit nur relativ kleinen Potentialen von unter 1 % des Jahreswärmebedarfs (z.B. Berlin und München). Ergänzt wird diese Betrachtung durch eine Abschätzung der benötigten Solarthermieflächen, um verschiedene Zielwerte für den solaren Deckungsgrad zu erreichen.
Besonders spannend an der Arbeit fanden wir, dass es den Forschenden durch intelligente Nutzung freier Daten gelungen ist, die Abwärmepotentiale nicht überregional oder an einem einzelnen Beispielnetz, sondern für eine große Anzahl deutscher Großstädte konkret auf Stadtebene durchzuführen. Damit ergibt sich aus unserer Sicht eine sehr interessante Basis für weiterführende Arbeiten, um den Anteil regenerativer Wärmequellen an der Wärmeversorgung in Deutschland und darüber hinaus zu erhöhen.
Der wissenschaftliche Artikel Potential of integrating industrial
waste heat and solar thermal energy
into district heating networks in Germany greift einen wichtigen
Aspekt des Klimaschutzplans 2050 der Bundesregierung auf: Die
Einbindung von Abwärme und Solarthermie in Fernwärmenetze als ein
wichtiger Ansatz, um die CO2-Emissionen der Wärmeversorgung in
Deutschland zu reduzieren. Dabei verfolgt das Paper einen
spannenden Weg, um die Potentiale dieser beiden Wärmequellen
abzuschätzen. Besonders ist dabei, dass die Abschätzung nicht
überregional oder an einem Beispielnetz, sondern über möglichst
viele Großstädte in Deutschland jeweils auf Stadtebene
durchgeführt wird. Dazu bedienen sich die Forschenden zweier
Näherungen:
Um diese Methoden auf möglichst viele Großstädte in Deutschland anzuwenden, geht das Paper von 80 Städten mit jeweils mehr als 100.000 Einwohnern aus. Für 42 dieser Städte konnten Daten für die Wärmeeinspeisung in die Fernwärmenetze sowie die nötigen CO2-Emmissionsdaten durch Recherche zusammengetragen werden.
Als Ergebnis der Berechnungen nennt das Paper große Unterschiede für die Abwärmepotentiale und deren mögliche Anteile an der Gesamteinspeisung in die bestehenden Fernwärmenetze. So werden für die Städte Bremen, Karlsruhe, Saarbrücken und Trier Abwärmepotentiale ermittelt, die annähernd 100 % der benötigen Wärmeeinspeisung decken könnten. Im Gegensatz dazu wird das Abwärmepotential für München und Berlin mit unter 1 % angegeben. Als Grund werden dafür die relativ großen Fernwärmenetze und nur wenige meldepflichtige Quellen für industrielle CO2-Emissionen genannt.
Für die Solarthermiepotentiale kommt das Paper zu dem Schluss, dass auch ein solarer Deckungsgrad, der mit 15 % die ursprünglich angenommenen Szenarien noch übersteigt, einen Flächenbedarf von unter 1 % der Gesamtfläche der betreffenden Städte erfordern würde. Während diese Zahl zunächst klein erscheint, wird zum Beispiel für München der absolute Flächenbedarf für diesen Fall der Solarthermieeinbindung mit etwa 4 km² angegeben.
Dabei würden natürlich sowohl entsprechende Großanlagen als auch eine große Anzahl dezentraler Anlagen jeweils eigene Herausforderungen bei der Umsetzung mit sich bringen. Um dennoch die generelle Machbarkeit hoher solarer Deckungsgrade aufzuzeigen, nennt das Paper die Beispiele Senftenberg und Crailsheim, wo in der realen Umsetzung bereits solare Deckungsgrade von 4 % in Senftenberg und sogar 50 % in Crailsheim erreicht werden konnten. Auch wurden die solaren Deckungsgrade im Paper so gewählt, dass nicht zwingend Investitionen in einen zusätzlichen Wärmespeicher nötig sind, um die Deckungsgrade zu erreichen.
Für diese Potentialabschätzung geht das Paper bewusst nicht auf die konkrete Machbarkeit in den einzelnen Städten ein. Stattdessen wird nach herausarbeiten der Potentiale betont, dass in jedem Einzelfall eine eigene Prüfung der örtlichen Gegebenheiten durchgeführt werden sollte. Trotzdem zeigt diese Forschungsarbeit aus unserer Sicht einen interessanten Ansatz, um die üblichen Perspektiven der überregionalen Analyse und einzelner Fallstudien um eine Analyse über eine größere Anzahl an Großstädten zu ergänzen.
Dadurch können die ermittelten Potentiale zur Einbindung von industrieller Abwärme und Solarthermie einen guten Ausgangspunkt darstellen, um die spannenden Fragen nach der konkreten Umsetzung näher zu untersuchen. Dabei reicht die Bandbreite möglicher Fragestellungen von den räumlichen Gegebenheiten mit den konkreten Standorten der Abwärmepotentiale und der solar nutzbaren Flächen bis zur optimalen Betriebsführung bestehender Netze, um die vorhandenen Potentiale bestmöglich nutzbar zu machen.
Zur Validierung der Potenziale in konkreten Anwendungsfällen sind nicht nur die jährliche Wärmeeinspeisung oder gemittelte Temperaturen relevant. Vielmehr müssen Einspeisung und Abnahme zeitlich aufgelöst betrachtet werden. Natürlich muss auch die Netzhydraulik auf die neuen und gegebenenfalls alternierenden Einspeisungen angepasst werden. Dabei begünstigen niedrigere Netztemperaturen die Einbindung erneuerbarer Energien, wobei niedrigere Einspeisetemperaturen im Einzelfall auch zu höheren Massenströmen und damit zu höherem Pumpaufwand und eventuellen Netzengpässen führen können.
Hier gilt es, die Vor- und Nachteile im Einzelfall gegeneinander abzuwägen und die besten Lösungen für die örtlichen Gegebenheiten zu finden. Für diese und ähnliche Fragestellungen arbeiten wir bei heatbeat mit dynamischen Simulationsmodellen, um die Einbindung erneuerbarer Wärmequellen im virtuellen Prototyp zu prüfen und zu optimieren.
Wenn diese Zusammenfassung Ihr Interesse geweckt hat, verweisen wir Sie gerne zum Original-Artikel, der im Mai 2020 in Energy erschienen ist und unter dem folgenden Link als Open Access Artikel zur Verfügung steht: https://doi.org/10.1016/j.energy.2020.117812 . Des weiteren finden Sie im Blog der HAWK weitere Informationen zum Forschungsprojekt "DEKADE-F-Waerme", in dessen Rahmen die vorgestellte Untersuchung durchgeführt wurde. Und auch darüber hinaus arbeiten die Forschenden weiter zum Thema Abwärmenutzung im Forschungsprojekt "MEMPHIS", über das Sie unter http://blogs.hawk-hhg.de/memphis/ und unter http://cities.ait.ac.at/uilab/udb/home/memphis/ noch weitere Informationen finden.
Wir hoffen, dass dieser ersten Ausgabe unseres Newsletters viele Weitere folgen werden. Damit wir Ihnen den größtmöglichen Nutzen bieten können, freuen wir uns über jedes Feedback. Haben Sie Ideen wie wir den Newsletter für Sie noch nützlicher gestalten können? Dann schreiben Sie uns gerne an newsletter@heatbeat.de
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