niedrige Rücklauftemperaturen sind ein zentrales Ziel für den effizienten Betrieb von Fernwärmenetzen und für den Übergang zu Wärmenetzen der 4. Generation (4GDH) besonders wichtig. Einerseits scheint es klar zu sein, dass niedrigere Rücklauftemperaturen immer erstrebenswert sind. Andererseits wissen wir jedoch, dass in der Praxis viele Gebäude mit höheren Rücklauftemperaturen betrieben werden als dies geplant und gewünscht ist. Deshalb freuen wir uns, eine aktuelle Forschungsarbeit vorstellen zu können, die untersucht, welche Rücklauftemperaturen mit den besten Heizsystemen im Gebäude bereits heute erreichbar sind und ob diese Rücklauftemperaturen niedrig genug sind, um die Anforderungen von 4GDH zu erfüllen. Darüber hinaus bewertet der Artikel, ob sich bei diesen Vorzeigegebäuden aus der Praxis gemeinsame Merkmale identifizieren lassen, die sich positiv auf den Betrieb der Heizungssysteme auswirken.
Der Artikel zu diesen Forschungsfragen trägt den Titel What does a well-functioning heating system look like? Investigation of ten Danish buildings that utilize district heating efficiently und wurde von Dorte Skaarup Østergaard et al. von der Technical University of Denmark veröffentlicht. Als Referenz definieren die Forschenden den Bereich der gewünschten Rücklauftemperaturen für 4GDH zwischen 25 und 30 °C. Um effiziente Gebäude zu identifizieren, arbeiteten die Forschenden mit Fernwärmeunternehmen in der Region Kopenhagen zusammen und ermittelten die Gebäude mit den niedrigsten Rücklauftemperaturen auf der Grundlage von Messdaten der jeweiligen Wärmemengenzähler. Diese Suche nach den effizientesten Gebäuden zeigte, dass einige Einfamilienhäuser den gewünschten Referenzbereich von 25 - 30 °C erreichen konnten, während die effizientesten Mehrfamilienhäuser Rücklauftemperaturen von 30 - 40 °C erreichten.
Ausgehend von einer detaillierten Analyse dieser Gebäude, die Besichtigungen vor Ort und die Zeichnung von Heizungsschemen umfasste, wurden die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der jeweiligen Systeme analysiert. Aufgrund des hohen Aufwands konzentrierte sich diese Analyse auf 10 Gebäude. Daher ist es nicht möglich, diese Stichprobe als repräsentativ für den gesamten Gebäudebestand zu betrachten und die Ergebnisse zu verallgemeinern. Dennoch ist es interessant, dass keines der untersuchten Gebäude eine Nachtabsenkung hatte, alle bis auf eines der 7 Einfamilienhäuser direkt an das Netz angeschlossen sind, und keines über ein Zirkulationssystem für Trinkwarmwasser verfügt. Gleichzeitig verfügen alle 3 untersuchten Mehrfamilienhäuser über einen Warmwasserspeicher und eine Trinkwarmwasserzirkulation. Außerdem verwenden die meisten Gebäude ein Zweirohr-Heizkörpersystem für die Wärmeübergabe. Zusammenfassend zeigt der Artikel, dass die besten Rücklauftemperaturen nicht von einem sehr geringen Wärmebedarf und Fachkenntnis zum Betrieb der Heizungsanlage abhängen, sondern dass niedrige Rücklauftemperaturen mit sehr unterschiedlichen Heizungssystemen erreicht werden können, wenn das System gut ausgelegt und betrieben wird.
In den folgenden Abschnitten gehen wir näher auf die Methoden und Ergebnisse des Artikels ein:
Im Rahmen des vorgestellten Artikels definieren die Forschenden eine niedrige Rücklauftemperatur als das wichtigste Kriterium für einen effizienten Gebäudebetrieb. Dabei zeigt die niedrige Rücklauftemperatur, dass das Gebäude die Wärme aus dem Wärmenetz bestmöglich übertragen kann, aber nicht zwangsläufig auch, dass das Gebäude einen niedrigen Wärmebedarf hat. Um die nach diesem Kriterium besten Gebäude zu finden, wurden im Rahmen der Studie die Messdaten von mehreren Fernwärmebetreibern in der Region Kopenhagen ausgewertet. Daraus konnten 30 Gebäude mit den niedrigsten Rücklauftemperaturen gefunden werden. Aus dieser Auswahl stimmten 10 einer detaillierten Untersuchung ihrer Gebäude zu. Diese 10 Gebäude bilden damit die Grundlage für die Untersuchungen im vorgestellten Artikel. Darin enthalten sind 7 Einfamilienhäuser (6 davon Reihenhäuser und 1 freistehendes Gebäude) sowie 3 Mehrfamilienhäuser.
Für jedes der 10 Gebäude konnten die Forschenden die vorhandenen Messdaten, die Gebäudeeigenschaften, das Nutzerverhalten sowie die Heizungssysteme analysieren. Dies umfasste eine Begehung der Gebäude sowie das Anfertigen von Heizungsschemen sowie Schemen der Übergabestationen. Dabei wurden sowohl die Systeme für die Heizwärme, als auch für das Trinkwarmwasser betrachtet. Zusätzlich führten die Forschenden Befragungen durch, um das Nutzerverhalten zu erfassen. Auf Basis dieser umfangreichen Datenerhebung konnten die Forschenden die Gebäude charakterisieren und vergleichen, um zu untersuchen, ob einzelne Faktoren mit einer niedrigen Rücklauftemperatur korrelieren.
Eine erste interessante Erkenntnis aus der Analyse der gesammelten Daten ist, dass die meisten der untersuchten Gebäude keine nennenswerten saisonalen Schwankungen der Rücklauftemperaturen aufweisen. Das zeigt, dass die Trinkwarmwasserbereitung auch im Sommer sehr niedrige Rücklauftemperaturen liefern kann. Dies gilt sowohl für die Einfamilienhäuser, von denen nur ein Gebäude über einen Trinkwarmwasserspeicher verfügt und die alle ohne Zirkulation arbeiten, als auch für die Mehrfamilienhäuser, die alle einen Speicher mit Zirkulation des Trinkwarmwassers nutzen.
Hinsichtlich der Regelungsstrategien stell der Artikel heraus, dass in keinem der untersuchten Gebäude eine Nachtabsenkung verwendet wurde und die meisten Gebäude über Heizkörper mit Thermostatventilen verfügen. Mit einer Ausnahme wurden diese Thermostate in allen Einfamilienhäusern ohne Voreinstellungen eingerichtet, während alle Mehrfamilienhäuser solche Voreinstellungen enthielten. Auch eine Außentemperaturregelung ist nur in einem der Einfamilienhäuser aktiv, während alle Mehrfamilienhäuser diese Regelstrategie nutzen.
Ein weiterer interessanter Aspekt der Studie ist, dass es sich bei den Gebäuden selbst um Gebäude aus den 1920er und 1970er Jahren sowie um ein neueres Gebäude aus dem Jahr 2005 handelt. Die spezifischen Wärmeverbräuche reichen von etwa 40 kWh/m²a bis zu etwa 130 kWh/m²a. Dies zeigt, dass nicht nur die effizientesten Neubauten, sondern auch der Gebäudebestand mit höherem Wärmebedarf in der Lage ist, optimale Rücklauftemperaturen zu erreichen, die für zukünftige 4GDH-Systeme von Vorteil sind. Darüber hinaus wurde das Engagement der Bewohner bei einigen Gebäuden als "sehr hoch", bei anderen jedoch als "niedrig" bis "mittel" eingestuft. Dies zeigt, dass ein sehr hohes Engagement und Fachkenntnis zum Systembetrieb keine Voraussetzung für gut funktionierende Gebäude zu sein scheint.
Insgesamt wurde das theoretische Potenzial von sieben unterschiedlichen Wärmequellen untersucht. Die folgende Übersicht beschreibt die von Su et al. getroffene Charakterisierung der Wärmequellen. Dabei wurde neben der jährlich verfügbaren Energie auch das Temperaturniveau beschrieben.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Stichprobengröße von 10 Gebäuden zwar nicht ausreicht, um direkte Schlussfolgerungen über die besten Auslegungsregeln für alle Gebäude in Fernwärmenetzen zu ziehen. Wir glauben aber, dass diese Studie einen sehr wertvollen Ausgangspunkt für die Verbesserung der Rücklauftemperaturen in Fernwärmenetzen darstellt. Dazu liefert der Artikel mit den Rücklauftemperaturen bei Einfamilienhäusern bis zu 25 - 30 °C und bei Mehrfamilienhäusern bis zu 30 - 40 °C wertvolle Referenzwerte aus der Praxis. Darüber hinaus zeigt die Untersuchung, dass diese Temperaturen mit einer Vielzahl von unterschiedlichen Konfigurationen im Gebäude erreicht werden können. Wir hoffen, dass dies als Anregung für weitere Studien über Erfolgsfaktoren für niedrige Temperaturen und praktische Umsetzungen zur Verbesserung des Betriebs von Fernwärmenetzen in der Zukunft dient. In früheren Projekten bei heatbeat hatten wir ebenfalls die Rücklauftemperaturen von Gebäuden auf Basis von Messwerten ausgewertet und den Betreibern geholfen, Gebäude mit zu hohen Rücklauftemperaturen zu identifizieren. Für die Zukunft nehmen wir aus diesem Artikel aber auch die Anregung mit, in die andere Richtung zu schauen und die effizientesten Gebäude herauszuarbeiten, um aus diesen Best-Practice-Beispielen zu lernen.
Für weitere Informationen empfehlen wir den vollständige Original-Artikel, der unter https://doi.org/10.1016/j.energy.2021.120250 zu finden ist. Weitere Informationen zu den untersuchten Gebäuden und viele weitere interessante Forschungsergebnisse finden Sie im Abschlussbericht des IEA DHC Annex XII, der mit einer kostenlosen Registrierung unter https://www.iea-dhc.org/index.php?id=529 verfügbar ist.
Und zum Abschluss dieser 12. Ausgabe unseres heatbeat Research Newsletters möchten wir Ihnen für Ihr anhaltendes Interesse an Forschungsthemen rund um die Fernwärme danken. Mit dieser Ausgabe geht das erste Jahr unseres Newsletters zu Ende und wir hoffen, dass wir Ihnen in den kommenden Ausgaben noch viele weitere interessante Forschungsergebnisse präsentieren können.
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