heatbeat Blog

Newsletter-Ausgabe 24
05.10.2022

Niedrigere Vorlauftemperaturen, Wärmepumpen, 5GDHC und resilientes Kühlen

Liebe Leserinnen und Leser,

mit unserer 24. Ausgabe unserer heatbeat Research Newsletters, blicken wir auf 2 Jahre heatbeat Research Newsletter zurück. In diesen letzten 2 Jahren haben wir ein breites Spektrum von Themen im Zusammenhang mit Fernwärme behandelt. So haben wir Themen von der Nachfrageseite und dem Netzbetrieb, bis hin zur Integration verschiedener Arten von erneuerbaren Wärmequellen betrachtet. Um diese Themen noch weiter zu vertiefen, haben wir die gesamte Fernwärmeliteratur in unseren jährlichen District Heating Trends (District Heating Trends 2021, District Heating Trends 2022) gesichtet und zusammengefasst.

Wir haben unser Jubiläum zum Anlass genommen, den Newsletter-Bereich auf unserer Website zu verbessern. Mit unserem monatlichen Newsletter haben wir uns bislang darauf konzentriert, Sie über aktuelle Themen in der Fernwärmeforschung auf dem Laufenden zu halten, was wir auch weiterhin tun werden. Die wichtigste Änderung ist jedoch, dass wir den Newsletter-Bereich auf unserer Website in ein Blog-Format umgewandelt haben. Das bedeutet zum einen, dass wir unseren monatlichen heatbeat Research Newsletter weiterhin ohne Änderungen aktualisieren werden. Aber keine Sorge: Wir schicken Ihnen nach wie vor nur das bekannte Newsletter-Update pro Monat, und keine weiteren E-Mails. Zum anderen dient unser Blog nun auch dazu, Einblicke in unsere Projekte zu geben und Entwicklungen in der Fernwärme mit einem eher praktischen Fokus zu veröffentlichen. Zum Beispiel beschäftigt sich unser erster Blogbeitrag mit der neuen BEW-Förderung für den Betrieb von Wärmepumpen in Fernwärmenetzen.

Und nach dem positiven Feedback zu unserer Newsletter-Ausgabe 22, werden wir auch in dieser Ausgabe einige sehr aktuelle Forschungsarbeiten vorstellen, anstatt uns mit einer einzelnen Arbeit zu beschäftigen.

Strategien zur Senkung der Vorlauftemperaturen in bestehenden Netzen

In Reduction of supply temperature in existing district heating: A review of strategies and implementations, treten Guelpa et al. strukturiert an die Herausforderung heran, die Vorlauftemperaturen in der Fernwärme zu senken. Dabei identifizieren sie 3 Arten von Einschränkungen, die eine Temperatursenkung behindern können:

  • Einschränkungen im Netz: Erhöhte Kosten für Wärmepumpen sowie Druck- und Geschwindigkeitsbegrenzungen
  • Einschränkungen der Übergabestationen: Grenzwerte für Wärmetauscher und die Temperaturanforderungen für die Warmwasserbereitung zur Vermeidung von Legionellen
  • Einschränkungen der Gebäude: Begrenzte Heizkörperflächen und damit begrenzte Wärmeübertragungskapazitäten

Bevor das Rohrnetz selbst geändert wird, schlägt das Paper unter anderem folgende Maßnahmen vor: die Nutzung von Kapazitätsreserven im System aufgrund von Überdimensionierung, eine Änderung der Druckregelungsstrategien und der Pumpen im Netz sowie die Nutzung von Speichern und einem Demand-Side-Management zur Spitzenlastreduzierung. Insgesamt bietet der Artikel einen guten Leitfaden für Lesende, die an einem strukturierten Ansatz zur Senkung der Vorlauftemperaturen in bestehenden Fernwärmenetzen interessiert sind, was ein Schlüsselfaktor zur Erschließung des Potenzials der Einbindung erneuerbarer Wärmequellen in die Fernwärme ist.

CO₂-Emissionen von Wärmepumpen in Abhängigkeit von der Stromquelle

Eine Schlüsseltechnologie, die von niedrigeren Vorlauftemperaturen profitiert, sind Wärmepumpen. Sie sind jedoch nicht von vornherein eine erneuerbare Wärmequelle, sondern hängen in hohem Maße von der Stromquelle ab, mit der sie betrieben werden. In diesem Zusammenhang wurden soeben zwei interessante Artikel von Hurst et al. veröffentlicht, die sich derzeit noch im pre-print befinden (General numeric determination of ecological operation of heat pumps using power from cogeneration and Dependency on external power supply to operate large-scale heat pumps to decarbonize Cogeneration-based District Heating Networks). Obwohl die beiden Arbeiten noch nicht in ihrer endgültigen Fassung vorliegen, werfen si schon jetzt einen interessanten Blick auf die CO₂-Emissionen von Wärmepumpen, die verschiedene Stromquellen nutzen. Die Forschenden vergleichen Wärmepumpen, die zusammen mit einer Kraft-Wärme-Kopplungsanlage (KWK-Anlage) betrieben werden und deren Stromproduktion direkt nutzen, mit Strom, der aus dem öffentlichen deutschen Netz sowie aus lokalen erneuerbaren Quellen stammt.

Die Analyse zeigt, dass der Einfluss der Stromquelle auf die spezifischen CO₂-Emissionen der erzeugten Wärme sehr groß ist. Für den Fall, dass eine Wärmepumpe zusammen mit einem BHKW betrieben wird, zeigt die Analyse, dass die CO₂-Emissionen sogar höher sind als die vom BHKW allein erzeugte Wärme, wenn beide Generatoren mit den gleichen Ausgangstemperaturen betrieben werden (was für die Wärmepumpe nicht ideal ist). Im Vergleich dazu wurde festgestellt, dass der Betrieb einer Großwärmepumpe mit Strom aus dem deutschen öffentlichen Netz mit seinem derzeitigen Energiemix CO₂-Emissionen in einer ähnlichen Größenordnung verursacht wie das alleinige BHKW (je nach Brennstoff des BHKW). Im Vergleich dazu wurde festgestellt, dass die Verwendung erneuerbarer Stromquellen für den Betrieb der Wärmepumpe die CO₂-Emissionen um den Faktor 5 bis 15 reduziert. Auch wenn wir hoffen, dass die Wärmepumpen von den geringeren CO₂-Emissionen der gesamten Stromerzeugung für das öffentliche Netz profitieren werden, zeigen diese beiden Arbeiten, dass es von Vorteil ist, so viele lokale erneuerbare Energiequellen wie möglich zu nutzen.

Übersicht der 5GDHC-Netze in Deutschland

Wenn es um die Senkung der Netztemperaturen und die Integration erneuerbarer Wärmequellen geht, sind kalte Nahwärmenetze (manchmal auch als 5. Generation der Fernwärme und -kälte bezeichnet) ein beliebtes Konzept in der Forschung. Um zu sehen, inwieweit diese Forschung bereits zu tatsächlichen Veränderungen in der Praxis geführt hat, haben unsere ehemaligen Teammitglieder an der RWTH Aachen Wirtz et al. gerade eine Übersicht über 53 Fernwärme- und Fernkältenetze der fünften Generation (5GDHC) in Deutschland veröffentlicht (Survey of 53 Fifth-Generation District Heating and Cooling (5GDHC) Networks in Germany). Diese Publikation ist auch Teil unserer gemeinsamen Arbeit im Forschungsprojekt TransUrban.NRW und wir freuen uns besonders, dass die Demostandorte des Projekts zusammen mit einigen unserer anderen heatbeat-Projekte sowie vielen weiteren Netzen in dieser umfassenden Übersicht zu finden sind.

Damit liefert das Paper eine sehr aktuelle Analyse zum aktuellen Stand der 5GDHC in Deutschland. In gewisser Weise wird damit die Arbeit von Buffa et al. aus dem Jahr 2019 fortgesetzt (siehe unsere Newsletter Ausgabe 3), die damals 40 verschiedene 5GDHC-Netze in Europa untersuchten, von denen sich 15 in Deutschland befinden. Wir können also einen starken Anstieg der Zahl der Netze in Deutschland feststellen. Interessant ist auch, dass die neue Studie nicht nur die eingesetzte Technologie untersucht, sondern auch die Geschäftsmodelle und die Eigentumsgrenzen zwischen Netzbetreibern und Gebäudeeigentümern. Die Ergebnisse zeigen, dass es eine große Vielfalt an Technologien und Geschäftsmodellen gibt. Dies zeigt auch, dass es derzeit keine Standardlösung gibt, die auf jeden Standort übertragbar ist, sondern dass jeder Fall eine eingehende Betrachtung erfordert, um die optimale Lösung für den jeweiligen Standort und die beteiligten Akteure zu finden.

Resilientes Kühlen durch geothermisches Fernwärmesysteme

Und auch wenn der Sommer auf der Nordhalbkugel der Erde zu Ende geht, haben die verschiedenen Hitzewellen der letzten Monate gezeigt, dass nicht nur Heizen, sondern auch Kühlen ein wichtiges Thema ist. Ein kürzlich veröffentlichtes Papier von Gautier et al. bietet Einblicke in mögliche Lösungen und untersucht das Thema resilientes Kühlen in dem Artikel Resilient cooling through geothermal district energy system. Für die Untersuchung verwenden die Forschenden dynamische Simulationen, um zu zeigen, wie ein an ein geothermisches Bohrfeld angeschlossenes kalte Nahwärmenetz (ähnlich dem von Wirtz et al. untersuchten) nicht nur Heizen, sondern auch eine effiziente und robuste Lösung zur Aufrechterhaltung des thermischen Komforts in Innenräumen während Hitzewellen sein kann, wenn das Netz zur Kühlung von Gebäuden verwendet wird. Wir denken, dass dies ein Aspekt solcher Netze ist, der an Bedeutung gewinnen wird, wenn die Sommer weiterhin Hitzestress für die bebaute Umwelt bedeuten, wie es in diesem Jahr der Fall war.

Ein Aspekt, den der Artikel ebenfalls aufzeigt, ist, dass eine geothermische Quelle dazu beitragen kann, das Netz mit niedrigen Temperaturen zu betreiben, die eine direkte Kühlung der Gebäude ermöglichen, ohne dass eine Kompressionskältemaschine im Gebäude erforderlich ist. Dies trägt nicht nur dazu bei, den Strombedarf für den Kühlbetrieb im Allgemeinen zu senken. Darüber hinaus wird der Strombedarf in potenziell kritischen Zeiten während Hitzewellen reduziert, wenn das Stromnetz ebenfalls unter Stress steht, um alle Anforderungen zu erfüllen. Die Forschenden kommen daher zu dem Schluss, dass ein solches System einen wichtigen Beitrag zur Widerstandsfähigkeit der städtischen Infrastruktur leisten kann.

Nach 2 Jahren heatbeat Research Newsletter bedanken wir uns bei Ihnen für Ihr anhaltendes Interesse. Die nächste Ausgabe unseres Newsletters wird am 2. November erscheinen.

Viele Grüße,
Your heatbeat team

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