dies ist Ausgabe 30 unseres heatbeat Research Newsletters mit einem Update zu aktuellen Forschungsergebnissen aus dem Bereich der Fernwärme und Fernkälte. Bei Betrachtung der neuesten Veröffentlichungen in diesem Bereich sehen wir weiterhin viel Arbeit in Bezug auf die Dekarbonisierung des Wärmesektors und die Integration erneuerbarer Wärmequellen.
Für diese Ausgabe haben wir eine Übersicht über das Potenzial der Verwendung von Seewasser in der Fernwärme ausgewählt, eine Studie über den Einfluss von Gebäudesanierungen auf die Machbarkeit von Fernwärme sowie eine interessante Fallstudie zur Umstellung auf eine nachhaltige Wärmeversorgung in der Stadt Rostock.
In dem Artikel The potential of lake-source district heating and cooling for European buildings von Eggimann et al. erhalten wir einen großartigen Überblick darüber, wie Seewasser eine wichtige Rolle bei der Dekarbonisierung des Wärmesektors in ganz Europa spielen kann. Die Forschenden verwendeten in diesem Artikel Open-Data (z.B. von OpenStreetMap), um die Gesamtnachfrage von Wärme und Kälte rund um alle größeren Seen in Europa zu analysieren und das techno-ökonomische Potenzial zur Deckung dieser Nachfrage über Seewasser als Energiequelle zu identifizieren.
Abhängig von der Verteilung von Seen und Gebäuden in unmittelbarer Nähe zeigt die Studie die größten Potenziale in Italien, Deutschland, der Schweiz und der Türkei auf. Insgesamt ergibt die Studie ein Kältepotenzial für Europa von 1,9 TWh/Jahr oder ein kombiniertes Wärme- und Kältepotenzial von 11,3 TWh/Jahr und bestimmt gleichzeitig ein Potenzial zur Einsparung von bis zu 0,8 TWh/Jahr an Strom.
Besonders interessant fanden wir die Sensitivität dieser Ergebnisse: Der Artikel bestimmt, dass das techno-ökonomische Potenzial um etwa 2,5 TWh/Jahr steigt, wenn sich der Strompreis verdoppelt, aber um etwa 1 TWh/Jahr sinkt für jede Prozentzunahme des angenommenen Zinssatzes. Daher ist dies ein großartiges Beispiel dafür, wie ein holistischer techno-ökonomischer Ansatz erforderlich ist, um die Unsicherheit der Marktkräfte auf die optimale technische Lösung zur Dekarbonisierung anzugehen.
In einer kürzlich veröffentlichten Studie (Decarbonization of district heating and deep retrofits of buildings as competing or synergetic strategies for the implementation of the efficiency first principle) untersuchen Popovski et al. die Dekarbonisierung der Fernwärme und die tiefe Sanierung von Gebäuden als konkurrierende oder synergistische Strategien für die Umsetzung des Prinzips der Energieeffizienz. Für diese Analyse bewerten die Forschenden, wie unterschiedliche Gebäudesanierungsraten (1, 2 oder 3%/Jahr) die Eignung der Fernwärme im Vergleich zur individuellen Heizung für jedes Gebäude in 5 Städten mit unterschiedlichen Randbedingungen wie Fernwärme-Marktanteilen und Klimazonen beeinflussen.
Die Studie zeigt, dass selbst bei hohen Sanierungsraten und der damit verbundenen Reduktion des Wärmebedarfs die Fernwärme eine tragfähige Option bleibt, um zwischen 49 und 83 % der Gesamtwärmeversorgung in den untersuchten Städten abzudecken. Obwohl die Forschenden erwarten, dass der Preis für Fernwärme um 14-35 % steigen kann, kommen sie zu dem Schluss, dass unter ihren Annahmen die Maximierung der Anzahl von Gebäuden, die an das Fernwärmenetz angeschlossen sind, zu niedrigeren Gesamtheizkosten führt als individuelle Optionen für Gebäude.
Und obwohl es noch im Preprint ist, wollten wir bereits das Paper Transition of district heating from fossil to renewable energies – pathways analysed by dynamic simulation by Wittenburg et al. von Wittenburg et al. einschließen, weil es eine schöne Fallstudie für die Transformation eines bestehenden Fernwärmenetzes in der Stadt Rostock darstellt.
Diese Analyse basiert auf einer dynamischen Simulation von 5 verschiedenen Erzeugungsszenarien, um den prognostizierten Wärmebedarf des Fernwärmenetzes Rostock im Jahr 2035 zu decken. In all diesen Szenarien berücksichtigen die Forschenden eine breite Palette von Wärmequellen, die von Abwärme aus einer groß angelegten Elektrolyseanlage, Abwasserwärmepumpen, Verbrennung von Klärschlamm und Abfall bis hin zu großen thermischen Speicherkapazitäten reichen. Zwischen den Szenarien variiert die Größe des Elektrolyseurs und der Speicheroptionen sowie die Einbeziehung weiterer Wärmepumpen, industrieller Abwärme und Biomasse.
Wir empfehlen diese Studie besonders, weil sie nicht nur diese Szenarien hinsichtlich unterschiedlicher KPIs wie Investitionen, Betriebskosten und Klimaauswirkungen vergleicht. Die Studie zeigt auch die jährlichen Wärmeversorgungszeitreihen und die Anteile, die jede Wärmequelle abdeckt. Dies gibt ein detailliertes Bild davon, wie ein kohlenstoffneutraler Fernwärmesystem durch die Kombination einer Vielzahl von Wärmequellen funktionieren kann und kann eine wertvolle Ressource für Transformationspläne in anderen Städten sein.
Bereits morgen (6. April) haben wir die Möglichkeit, unsere Arbeit aus dem Forschungsprojekt TransUrban.NRW innerhalb der EWB-Stunde Webinar-Reihe vorzustellen. Wir werden berichten, wie unser heatbeat Digital Twin dabei hilft, Wärme- und Kältenetze der 5. Generation von der Planung bis hin zum Betrieb zu realisieren.
Die nächste Ausgabe unseres Newsletters wird am 3. Mai 2023 veröffentlicht.
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