Für die Ausgabe unseres Newsletters in diesem Monat haben wir zwei Artikel ausgewählt: Der erste Artikel beschäftigt sich mit dem Betrieb einer 35-MW-Wärmepumpe. Der zweite Artikel beschreibt den Prozess zur Entwicklung von Geschäftsmodellen und Eigentumsstrukturen für den Bau neuer Fernwärmenetze. Außerdem geben wir einen kurzen Überblick über weitere aktuelle Artikel zu Themen wie Unsicherheit in Transformationsplänen für bestehende Fernwärmenetze und synthetische Daten zum Training von Machine-Learning-Modellen für Fehlererkennung. Wir hoffen, dass Sie diese Forschungsimpulse genauso inspirierend für Ihre Arbeit im Bereich der Energiewende finden wie wir.
Großwärmepumpen gelten als Schlüsseltechnologie für die Transformation der Fernwärme und die Wärmewende. Mehrere Projekte sind bereits im Gang, um Großwärmepumpen in bestehende Netze als Ersatz für bisherige fossile Wärmeerzeuger zu integrieren oder als zukunftssichere Wärmequelle in neuen Netzen zu einzusetzen. In diesem Zusammenhang bietet ein aktuelles Paper von Wolscht et al. mit dem Titel Dynamic Simulation and Experimental Validation of a 35 MW Heat Pump Based on a Transcritical CO2 Cycle tiefe Einblicke in den Betrieb solcher Großwärmepumpen.
Das Paper beschreibt einen Versuchsaufbau für eine Wärmepumpe mit einer maximalen Heizleistung von 35 MW und einem COP von etwa 3,3 (bei einer Stromaufnahme mit maximaler Leistung von 10,5 MW). Darüber hinaus präsentiert das Paper ein detailliertes Simulationsmodell des Wärmepumpenkreislaufs in der Modellierungssprache Modelica, sowie eine Validierung des Modells anhand von Messungen aus dem Versuchsaufbau. Die Ergebnisse des Papers zeigen, dass das Simulationsmodell die Messdaten mit hoher Genauigkeit wiedergeben kann. Für Interessierte am Betrieb von Großwärmepumpen enthalten die vorgestellten Daten viele aufschlussreiche Details, insbesondere zur dynamischen Funktionsweise der Wärmepumpe. Dies beinhaltet beispielsweise eine Laständerung, bei der die elektrische Leistung der Wärmepumpe innerhalb von nur 30 - 40 Sekunden von 100 % auf 20 % reduziert wird. Wenn man bedenkt, dass es sich hierbei um eine Reduktion von 10,5 MW auf 2,1 MW handelt, demonstriert dieses Beispiel die beeindruckende Flexibilität von Großwärmepumpen. Insbesondere aus Sicht der Sektorkopplung ergeben sich daraus wichtige Folgen sowohl für den zukünftigen Betrieb von Fernwärmenetzen als auch für das Stromnetz. Darüber hinaus sind wir der Meinung, dass dieses Paper zeigt, welchen Detailgrad die Planung von Großwärmepumpen für eine optimale Integration in zukünftige Fernwärmenetze bereits erreicht.
Während die Fernwärme im Zusammenhang mit der dringend benötigten Energiewende gerade viel mehr Aufmerksamkeit erhält, beschränken sich die Forschungsfragen nicht nur auf technische Aspekte. Weitere wichtige Fragen drehen sich auch um Geschäftsmodelle, soziale Auswirkungen und Eigentumsstrukturen. Ein interessanter Beitrag zu dieser Diskussion stammt aus dem Artikel Sustainable deployment of energy efficient district heating: city business model von Pardo-Bosch et al. Für den Anwendungsfall eines neu gebauten Fernwärmenetzes in San Sebastian beschreibt der Artikel den Prozess, in dem die Stadtverwaltung und andere Interessengruppen ein Geschäftsmodell für dieses Netz entwickelt haben. Dieser Prozess führte zu einer Struktur, bei der das Netz in öffentlichem Besitz bleibt, während der Betrieb in einer öffentlich-privaten Partnerschaft liegt.
Im gesamten Artikel wird dieser Prozess mit einer detaillierten Beschreibung der Rollen und Interessen verschiedener Interessengruppen innerhalb eines Value Creation Frameworks dokumentiert, einschließlich der Bürger:innen, der Stadtverwaltung sowie des Fernwärmenetzbetreibers. Wir sind der Meinung, dass eine solche Projektbeschreibung ein nützlicher Leitfaden für andere Projekte sein kann, die die Grundlagen für neue Fernwärmenetze entwickeln. Dies ist auch im Kontext mehrerer Initiativen in verschiedenen Ländern von großer Bedeutung. Zum Beispiel im Zusammenhang mit dem Vorstoß zur kommunalen Wärmeregulierung in Deutschland, bei dem die Gemeinde einen Prozess zur Planung zukünftiger Wärmelösungen beginnt. Eine nahtlose Fortsetzung dieses Prozesses hin zur Inbetriebnahme und dem Betrieb neuer Fernwärmenetze wird dabei ein entscheidender Erfolgsfaktor sein. In einem anderen Beispiel gibt es bereits eine Vorschau auf einen kommenden Artikel mit dem Titel Why go public? Public configurations and the supportive and divergent views towards public district heating in the Netherlands von Herreras Martinez et al., der verwandte Themen aus der Perspektive von Anwendungsbeispielen in den Niederlanden behandelt und die internationale Relevanz dieser Themen weiter unterstreicht.
Neben den beiden Artikeln, die wir oben detaillierter beschrieben haben, haben wir mehrere weitere kürzlich veröffentlichte Arbeiten zu sehr interessanten Themen gefunden. Um auch diese zu erwähnen, empfehlen wir Ihnen folgende Veröffentlichungen:
Im Artikel A profitability index for rural biomass district heating systems evaluation von Soltero et al. zeigen die Forschenden, dass die Wärmeliniendichte zwar ein guter Indikator für die Wirtschaftlichkeit größerer städtischer Fernwärmenetze ist, für ländliche Netze mit einer Biomasse-Wärmequelle aber weniger aussagekräftig ist. Stattdessen schlagen sie eine alternative Perspektive vor, die auf der Analyse von Investitionen, und den Kosten von Betrieb und Biomassebrennstoff basiert.
Für Anwendung von Machine-Learning zur Erkennung von fehlerhaftem Betrieb in Fernwärmenetzenn stellt der Mangel an Trainingsdaten derzeit eine große Hürde dar. Um dieses Problem zu überwinden, beschreiben Vallee et al. in einem neuen Artikel einen synthetischen Datensatz zur Verbesserung der Fehlererkennung (Generation and evaluation of a synthetic dataset to improve fault detection in district heating and cooling systems). Die Ergebnisse zeigen, dass Modelle, die, mit solchen synthetischen Daten trainiert sind, sehr gut bei einfacheren Aufgaben abschneiden und auch für anspruchsvollere Aufgaben der Fehlererkennung vielversprechende Ergebnisse erzielen.
Und wie wir alle wissen, stellt Unsicherheit eine große Herausforderung bei der Planung von Übergangsplänen für Fernwärme- und Kälte dar. Dazu behandelt der Artikel Roadmaps for heating and cooling system transitions seen through uncertainty and sensitivity analysis von Zhang et al. ein wichtiges und aktuelles Thema.
Die nächste Ausgabe unseres Newsletters wird am 6. September 2023 veröffentlicht. In der Zwischenzeit laden wir Sie ein, einen Blick auf unseren neu gestalteten Blog zu werfen und uns auf LinkedIn zu folgen.