dies ist die 36. Ausgabe unseres heatbeat Research Newsletters, in dem wir Updates zu kürzlich veröffentlichten Forschungsarbeiten zu den Themen Fernwärme, Fernkälte und Fernwärme- und Fernkälteanlagen geben. In dieser Ausgabe betrachten wir Strategien zur Nutzung von Abwärme, "institutionelle Trägheit", die Verwendung von Überflug-Thermografie-Daten zur Schätzung des Wärmebedarfs von Städten und die optimale Einsatzplanung von Wärmespeichern in Fernwärmenetzen. Außerdem teilen wir neue Video-Links und Podcast-Empfehlungen mit Beteiligung von heatbeat.
Einerseits ist die Nutzung von Abwärme in Fernwärmenetzen eine vielversprechende Option zur Dekarbonisierung des Wärmesektors. Andererseits ist die Einbindung von Abwärme eine sehr komplexe Herausforderung, da die Verfügbarkeit und das Temperaturniveau der Abwärme von Fall zu Fall variieren. Darüber hinaus gibt es viele technische Möglichkeiten zur Einbindung von Abwärme in Fernwärmenetzen, angefangen bei einer direkten Einspeisung ins Netz bis hin zur Verwendung von Abwärme als Quelle für Wärmepumpen. In diesem Kontext ist es wichtig, systematische Strategien zur optimalen Nutzung des vorhandenen Abwärmepotenzials zu entwickeln. Das Paper "Valorisation of Waste Heat in Existing and Future District Heating Systems" von Pakere et al. ist ein wichtiger Beitrag zu diesem Thema.
In dieser Arbeit werden verschiedene potenzielle Abwärmequellen bewertet, darunter beispielsweise Abwärme aus dem Rauchgas von Biomasse-BHKWs und Kesseln, der Holzverarbeitungsindustrie, Rechenzentren und Kläranlagen. Außerdem berücksichtigt das Paper auch verschiedene mögliche Netztemperaturen, in die solche Abwärme integriert werden könnte, angefangen bei bestehenden Netzwerken mit relativ hohen Temperaturen bis hin zu Niedertemperatur-Fernwärmenetzen und auch kalter Nahwärme. Für das Beispiel Lettland zeigt das Forschungsteam, dass das Potenzial für Abwärme von rund 1.800 GWh/a für Hochtemperatur-Netze auf rund 3.400 GWh/a für Niedertemperatur-Netze steigt. Gleichzeitig stellen sie die interessante Frage, welchen Einfluss kalte Nahwärme in Ländern mit bereits gut entwickelter Fernwärmeinfrastruktur haben wird, die bei höheren Temperaturen arbeitet. Darüber hinaus zeigt die Studie, dass die Einbindung von Abwärme auch eine Herausforderung für bereits vorhandene Solarthermie darstellen kann. Da Abwärme oft auch im Sommer mit geringem Wärmebedarf im Netz verfügbar ist, kann dies zu einem Wettbewerb für solarthermische Anlagen führen, die ihr höchstes Einspeisepotenzial zu dieser Zeit haben. Daher empfiehlt die Arbeit, die örtlichen Bedingungen sorgfältig zu berücksichtigen, wenn es darum geht, Abwärme in Fernwärmenetze zu integrieren.
Wenn wir über Trägheit in der Fernwärme aus technischer Sicht sprechen, denken wir oft an die Speichereffekte des Mediums im Netz und die Ausbreitung von Temperaturwellen durch das Netz. Aber jenseits dieser technischen Sichtweise muss die Dekarbonisierung der Fernwärme auch Zögern und zu langsamen Fortschritt überwinden. Um diese Herausforderungen besser anzugehen, erläutert das Paper "Too big to succeed? Institutional inertia in low-carbon district heating experiment" von Moilanen et al. den nützlichen Begriff der institutionellen Trägheit anhand eines realen Fernwärmeexperiments in Turku in Finnland.
In diesem Experiment sollte ein Quartier im Bereich Skanssi von Turku von einem bidirektionalen Niedertemperatur-Netz versorgt werden, in dem Gebäude und grüne Wärmequellen wie Wärmepumpen mit Erdwärmesonden und solarthermische Anlagen überschüssige Wärme über das Netz austauschen und so ihren Gesamtbedarf am effizientesten decken könnten. Die Arbeit untersucht, welche Herausforderungen bisher verhindert haben, dass das Experiment ein voller Erfolg wurde, und identifiziert die verschiedenen institutionellen Trägheiten der verschiedenen Akteure, die Innovationen behindern. Als wichtiges Ergebnis zeigt die Arbeit, dass die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Akteuren in einem solchen Experiment durch eine gemeinsame Vision vorbereitet sein muss. Wenn dies nicht der Fall ist, können Wissenslücken zwischen den Akteuren, zeitliche Verschiebungen bei der Umsetzung und fehlende Geschäftsmodelle signifikante Trägheit verursachen und somit die Dekarbonisierung der Fernwärme verlangsamen.
Neben den beiden oben genannten Arbeiten wurden kürzlich viele weitere interessante Arbeiten veröffentlicht. Dazu gehört zum Beispiel die Arbeit "Aerial urban observation to enhance energy assessment and planning towards climate-neutrality: A pilot application to the city of Turin" von Anselmo et al., die zeigt, wie Überflug-Thermografie-Daten zur effizienten Schätzung des Wärmebedarfs und des Einsparungspotenzials des Gebäudebestands einer Stadt eingesetzt werden kann. Die Arbeit "Optimal scheduling of energy storage in district heating networks using nonlinear programming" betrachtet, wie die Nutzung von Wärmespeichern in der Fernwärme optimiert werden kann, um die Betriebskosten zu senken.
Abschließend möchten wir Neuigkeiten und Links zu heatbeat teilen: Im Juni haben wir am Super Impact Day in Stuttgart teilgenommen und es freut uns, dass nun einige interessante Videos von dieser sehr gelungenen Veranstaltung online verfügbar sind. Es gibt ein Video von der Podiumsdiskussion zur Wärmetransformation, an der auch unser Geschäftsführer Peter teilgenommen hat. Darüber hinaus sind wir dankbar dafür, dass die Präsentation unseres gemeinsamen Projekts Seestadt mg+ mit der NEW auch einen Überblick über unseren heatbeat Digital Twin enthält.
Und wenn Sie noch mehr von uns hören möchten, können wir den Podcast Utility 4.0 empfehlen, in dem Peter für die neueste Episode eingeladen wurde, um das Potenzial der Digitalisierung für die Fernwärme ausführlich zu diskutieren.
Die nächste Ausgabe unseres Newsletters wird am 1. November 2023 veröffentlicht.