heatbeat Blog

Newsletter-Ausgabe 38
06.12.2023

Niedrigere Brennstoff-Importe und bessere Wärmebedarfsvorhersagen

Liebe Leserinnen und Leser,

in Ausgabe 38 unseres heatbeat Research Newsletters stellen wir zwei interessante Veröffentlichungen aus dem Bereich Fernwärme vor: Ein Bericht, der Fernwärme als einen wichtigen Faktor sowohl bei der Dekarbonisierung als auch bei der Reduzierung der Importe fossiler Brennstoffe für Europa spielen kann. Und eine Studie, die zeigt, wie Modelle zur Wärmebedarfsvorhersage trotz der sich ständig ändernden Realität in Fernwärmenetzen aktuell bleiben können. Darüber hinaus teilen wir ein paar weitere Empfehlungen für interessante Artikel, die wir kürzlich gefunden haben.

Die Rolle der Fernwärme im Kontext von REPowerEU

In einem neuen Bericht mit dem Titel "Heat Matters: The Missing Link in REPowerEU" zeigen Mathiesen et al., wie Fernwärme eine bedeutende Rolle in den Bemühungen der EU spielen kann, nicht nur das Energiesystem zu dekarbonisieren, sondern auch die Abhängigkeit vom Import fossiler Brennstoffe grundlegend zu reduzieren. REPowerEU ist ein Plan der Europäischen Kommission zur Energieeinsparung, zur Bereitstellung sauberer Energie und zur Diversifizierung der Energieversorgung Europas. Dies ist eine Reaktion auf den Angriff Russlands auf die Ukraine und die damit verbundenen Auswirkungen auf die Energiemärkte. Obwohl diese Bemühungen dabei erfolgreich waren, den Energiebedarf zu senken und die Importe fossiler Brennstoffe aus Russland zu reduzieren, argumentiert der Bericht, dass es an einer klaren Strategie mangelt, das Energiesystem hinsichtlich der Dekarbonisierung bei der Wärmeversorgung von Gebäuden grundlegend umzugestalten.

In diesem Kontext schlägt der Bericht als erstes Ziel vor, den Anteil der Fernwärme auf 20 % des europäischen Wärmebedarfs zu erhöhen, indem neue Fernwärmenetze gebaut und bestehende erweitert werden. Gleichzeitig soll der Brennstoffmix auf einen höheren Anteil erneuerbarer Energien und Abwärmequellen umgestellt werden. Die zugrunde liegende Szenarioanalyse zeigt, dass dieser Ausbau der Fernwärme eine der effizientesten Lösungen zur Reduzierung von Erdgasimporten ist. Zusätzlich berücksichtigt dieses Szenario für ein umgestaltetes Energiesystem bis 2030 mehr Wärmepumpen und Energieeffizienzgewinne in Gebäuden sowie Elektrifizierung und Effizienzgewinne im Industriesektor. Zusammen sollen diese Maßnahmen die Erdgasimporte um 15 % stärker reduzieren als die aktuellen Pläne der Europäischen Kommission Fit for 55 und REPowerEU.

Darüber hinaus plädiert der Bericht dafür, dass Fernwärme bis 2050 48 % des Wärmebedarfs Europas abdecken sollte. Gemäß der Analyse würde das vorgestellte Szenario für 2050 einen um 20-30 % niedrigeren Primärenergieeinsatz im Vergleich zum Referenzszenario der Europäischen Kommission bei etwa 10 % niedrigeren Gesamtkosten erreichen. Um dies zu erreichen, geht der Bericht von einer geringeren Reduzierung des Wärmebedarfs in Gebäuden aus (40 % im Vergleich zu 55 % im Referenzszenario) und schlägt stattdessen Fernwärme als kostengünstige Möglichkeit vor, erneuerbare Energien in den Wärmesektor zu integrieren.

Umgang mit Concept Drift in der Wärmebedarfsvorhersage

Mit dem Fortschreiten der Digitalisierung von Fernwärmenetzen und der Verfügbarkeit von mehr Messdaten steigt das Potenzial für präzise Vorhersagen der Wärmebedarfe erheblich. Eine zentrale Herausforderung für datengetriebene Wärmebedarfsvorhersagen besteht jedoch darin, das Vorhersagemodell stets auf dem neuesten Stand zu halten. In einem realen Fernwärmenetz kann sich der Wärmebedarf bei bestimmten Randbedingungen (z.B. die Außentemperatur zu einer bestimmten Zeit) ändern, z.B. durch den Anschluss neuer Gebäude an das Netz, die Sanierung von Gebäuden zur Reduzierung ihres Wärmebedarfs und die Veränderung des Nutzerverhaltens mit Auswirkungen auf den Wärmebedarf. Diese sich mit der Zeit ergebende Abweichung zwischen dem Vorhersagemodell und dem sich ändernden realen System wird als Concept Drift bezeichnet. Die Studie "Heat Load Forecasting: Handling Concept Drifts in District Heating Systems" von Mielck et al. zeigt eine interessante Herangeshensweise für diese Herausforderungen und Lösungen zum Verhindern von Concept Drift in der Wärmebedarfsvorhersage für Fernwärme.

Die Studie vergleicht verschiedene Strategien, um diesen Concept Drift zu verhindern. Als Fazit zeigt die Studie, wie wiederholtes Training des Modells basierend auf den aktuellsten Daten sowie Online-Lernen (Integration neuer Daten ohne die Notwendigkeit, das Vorhersagemodell vollständig neu zu trainieren) ausreichen können, um Concept Drift bei einem Anwendungsfall zu verhindern, bei dem sich der Wärmebedarf aufgrund des Anschlusses neuer Gebäude an ein Netz ändert. Während die Häufigkeit des wiederholten Trainings für echte Anwendungen von Fall zu Fall sorgfältig evaluiert werden muss, ist diese Studie ein gutes Beispiel dafür, wie Concept Drift in der Wärmebedarfsvorhersage verhindert werden kann.

Weitere Informationen

Neben den oben zusammengefassten zwei Veröffentlichungen haben wir viele weitere interessante Artikel gefunden, von denen wir zwei kurz erwähnen möchten: Der Artikel "Impact of Energy-Related Properties of Cities on Optimal Urban Energy System Design" diskutiert, wie bestimmte Eigenschaften von Städten das optimale Design für ein urbanes Energiesystem beeinflussen. Und der Artikel "District cooling services: A bibliometric review and topic classification of existing research" gibt einen guten Überblick über aktuelle Forschung zum Thema Fernkälte.

Die nächste Ausgabe unseres Newsletters erscheint am 3. Januar 2024. Bis dahin bedanken wir uns für Ihr Interesse an unserem Newsletter in diesem Jahr und wünschen bereits einen guten Start in das neue Jahr.

Viele Grüße,
Ihr heatbeat-Team

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