zuerst möchten wir Ihnen allen ein frohes und gesundes neues Jahr 2024 wünschen. Ein ereignisreiches Jahr 2023 liegt für uns zurück und wir blicken mit viel Vorfreude auf das neue Jahr.
Um in den nächsten Jahren eine größere Durchdringung von Fernwärmenetzen in Deutschland (und Europa) zu erlangen ist eine große Akzeptanz bei den Endkundinnen und Endkunden enorm wichtig. Dazu ist es in einem ersten Schritt relevant auszuwerten, wie Fernwärme wahrgenommen wird und welche wesentlichen Faktoren die Wahrnehmung beeinflussen. Dafür stellen wir in diesem Newsletter ein Artikel vor, der weniger technisch ist, sondern vielmehr die Ergebnisse eine ausführliche Umfrage vorstellt.
Außerdem möchten wir ein paar Einblicke in die Topologie-Optimierung von Fernwärmenetzen geben. Wir sind davon überzeugt, dass die Optimierung von Topologien insbesondere für einen nahtlosen Übergang von kommunaler Wärmeplanung zu der konkreten Planung von Fernwärmenetzen einen entscheidenden Vorteil gegenüber konventionellen und manuellen Ansätzen hat.
Der Artikel "Perception of district heating in Europe: A deep dive into influencing factors and the role of regulation" von A. Billerbeck et al. wertet eine intensive Umfrage aus, welche in insgesamt neun Ländern (Dänemark, Frankreich, Deutschland, Litauen, Niederlande, Polen, Slowakei und Schweden) durchgeführt wurde. Insgesamt haben fast 4.500 Endkundinnen und Endkunden an der Umfrage teilgenommen. Der Fragebogen enthielt in etwa 30 Fragen, welche die sozio-demografischen Details, das aktuelle Versorgungssystem, Entscheidungsverhalten für Heizen und Kühlen, aktuelle Wahrnehmung der Fernwärme sowie die Haltung gegenüber Stakeholdern. Die Auswahl der Befragten orientiert sich an der demografischen Struktur als auch an dem Anteil von Fernwärme im jeweiligen Landesdurchschnitt.
Insgesamt zeigt die Auswertung, dass die Mehrheit der Befragten eine insgesamt positive Einstellung zur Fernwärme haben. Dies gilt insbesondere für Länder, in denen bereits eine hohe Durchdringung von Fernwärme vorhanden ist (Dänemark und Schweden) ist. In Ländern, in denen Fernwärmesysteme weniger häufig vorhanden sind (Niederlande oder Litauen) ist hingegen eine kritischere Haltung erkennbar.
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass soziodemografische Faktoren eine weniger große Rolle in der Wahrnehmung spielen. Insbesondere Geschlecht und Bildung haben, wenn nur einen sehr geringen Einfluss auf die Einstellung gegenüber Fernwärme. Das Alter der Befragten hingegen spielt eine größere Rolle, je älter die Endkundinnen und Endkunden sind, desto größer ist das Vertrauen in Fernwärme.
Zwischen den Ländern gibt es einige Unterschiede. Insbesondere in Dänemark ist der positive Beitrag zu einer ökologischen Wärmeversorgung entscheidend. Dies wird durch einen sowieso bereits hohen Anteil erneuerbarer Energien im Wärmesektor in Dänemark erklärt. Das Ergebnis deutet jedoch auch darauf hin, dass je höher der Anteil erneuerbare Energien in der Fernwärme ist, desto besser wird das System akzeptiert. In Ländern, in denen Fernwärme weniger stark vertreten ist, ist das Vertrauen in politische Entscheidungsträger für die Wahrnehmung der Fernwärme relevant.
Ein wichtiger Faktor sind die regulatorischen Rahmenbedingungen auf die Bewertung von Fernwärme aus Sicht der Kundinnen und Kunden. Fernwärme wird weniger positiv wahrgenommen, sobald es einen verpflichtenden Anschluss an das Netz gibt. In Ländern ohne Anschlusszwang wird insbesondere der Fernwärmepreis positiver wahrgenommen. Es gibt aber auch Ausnahmen von dieser Regel. Insbesondere in Dänemark, wo es regulierte Preise gibt und trotzdem positiv wahrgenommen werden. Das deutet darauf hin, dass die Transparenz der Preisgestaltung und Regulierung wichtiger ist als die Regulierung selbst. Nicht zuletzt zeigen die Ergebnisse, dass Fernwärme deutlich positiver wahrgenommen, wenn sich der Besitz in öffentlicher Hand befindet.
Die Netztopologie von neuen Fernwärmenetzen und der Erweiterung von bestehenden Netzen ist abhängig von einer großen Anzahl von Faktoren und somit hinreichend komplex. Aktuell werden Netze häufig noch mit hohem manuellem Aufwand geplant und dimensioniert. Der Artikel "Geographically informed automated non-linear topology optimization of District Heating Networks" von R. Salenbien et al. stellt eine automatisierte Methode auf Basis einer nicht linearen Optimierung vor, um eine optimale Lösung für die Topologie von Fernwärmenetze zu finden. Dazu werden geografische Informationen (GIS) ebenso wie Informationen zum Wärmebedarf der Gebäude genutzt. Das Ergebnis wird an einem Fallbeispiel getestet und zeigt, dass die Methodik auch auf ein anspruchsvolles Problem mit Erzeugern auf unterschiedlichen Temperaturniveau und Gebäuden mit unterschiedlichen Verbrauchseigenschaften angewendet werden kann. Die vollständige Beschreibung des Optimierungsmodells ist in einem vorherigen Artikel veröffentlicht worden (https://doi.org/10.1016/j.energy.2022.126161). Der vorgestellte Artikel fokussiert die Anwendung auf ein städtisches Gebiet in Belgien (Waterschei).
Es wurden insgesamt drei unterschiedliche Szenarien betrachtet. Im ersten Szenario werde zwei BHKWs als Wärmequelle eingesetzt, das zweite Szenario sieht den Einsatz von nur einem BHKW vor, dafür kann eine ehemalige Mine als Wärmequelle genutzt werden. Hier wird Abwärme mit 60 °C bereitgestellt. Das dritte Szenario sieht die Anhebung der Temperatur gegenüber dem zweiten Szenario vor, das Temperaturpotenzial des Minenwassers wird hier mit 65 °C angenommen. Die Erzeuger sind im Norden bzw. im Süden angesiedelt und unterteilen so das Gebiet in zwei potenzielle Versorgungsgebiete.
Im ersten Szenario haben beide Erzeugungseinheiten die gleichen Voraussetzungen, sodass der Anschluss an den südlichen oder nördlichen Netzteil im Wesentlichen durch die Entfernung zum jeweiligen Erzeuger bestimmt wird. Im zweiten Szenario wählt der Optimierer einen deutlichen größeren Anteil der Anschlüsse an das höher temperierte BHKW. Dies hat den Grund, dass die Komfortbedingungen an den Gebäuden (60 °C) eingehalten werden müssen. Dies kann im zweiten Szenario die erneuerbare Quelle nach wenigen Metern Netzdistanz nicht mehr sicherstellen. So werden trotz der geringeren Wärmegestehungskosten weniger Gebäude angeschlossen. Im dritten Szenario wird die Temperatur leicht erhöht, jedoch ist die Netztemperatur (65 °C) immer noch limitierend, sodass nur wenige weitere Straßenzüge an die erneuerbare Energiequelle angeschlossen werden. Dies wird durch den Effekt unterstützt, dass aufgrund weiter entfernter Anschlüsse sowieso eine große Leitung Richtung BHKW gebaut wird, welche dann aus Netzwerksicht auch stärker ausgenutzt werden soll. Erstaunlicherweise sind die Kosten mit der erneuerbaren Energiequelle jeweils höher als die Kosten der Versorgung mit zwei BHKWs. Dies zeigt die große Bedeutung der Berücksichtigung von Temperaturen in der Optimierung von Wärmenetzen.
Wie immer empfehlen wir die Artikel in voller Länge. Darüber hinaus wurden insbesondere zur Optimierung von Netzstrukturen in letzter Zeit mehrere Artikel veröffentlicht (hier wird nur eine kleine Auswahl präsentiert), welche wir ebenfalls für relevant halten:
Die nächste Ausgabe unseres Newsletters erscheint am 7. Februar 2024. Bis dahin folgen Sie uns gerne auf LinkedIn wo wir kleinere Anwendungsbeispiele und Informationen mit Ihnen teilen.