heatbeat Blog

Newsletter-Ausgabe 43
01.05.2024

Fortschrittliche Regelungen für Gebäude in Fernwärmenetzen

Liebe Leserinnen und Leser,

für die 43. Ausgabe unseres heatbeat Research Newsletters konzentrieren wird uns voll auf die fortschrittliche Regelung von Wärmenetzen. Dazu stellen wir drei neue Artikel vor, die unterschiedliche Möglichkeiten aufzeigen den Betrieb von Fernwärmenetzen und insbesondere der angeschlossenen Gebäude zu optimieren. Neben einer erhöhten Energieeffizienz können so auch neue Geschäftsmodelle im Bereich der Fernwärme etabliert werden. Im ersten Artikel werden modellprädiktive Regler eingesetzt, um ein Demand Side Management einzuführen und die Auswirkungen dessen auf Fernwärmenetze aufzuzeigen. Genau solche Eingriffe werden im zweiten Artikel an realen Beispielen getestet. Der letzte Artikel fokussiert den Betrieb von bi-direktionalen Wärmenetzen und nutzt dazu ebenfalls modellprädiktive Regler.

Auswirkungen des Demand Side Management auf Wärmenetze

Die modellprädiktive Regelung von Heizungssystemen (oder MPC von Model Predictive Control) hat das Potenzial den Energieeinsatz, Leistungsspitzen und den thermischen Komfort in Räumen zu optimieren. Aus Sicht des Fernwärmenetzes können so zum Beispiel große Lastspitzen vermieden werden, indem mehrere Gebäude aufeinander abgestimmt werden. Genau dies wird in dem Aritkel von H. Hakansson et al. "Effects on district heating networks by introducing demand side economic model predictive control" vorgestellt.

In dem Artikel werden finanzielle Anreize untersucht, um die Spitzenlast von Gebäuden zu verschieben und so das Fernwärmenetz hydraulisch zu entlasten. Dazu wurde ein MPC Regler für Heizungssysteme anhand von Simulationsmodellen erprobt. Es zeigt sich, dass bereits kleine Anpassungen an heute übliche Preismechanismen (Leistungs- und Arbeitspreis) Anreize schaffen, um Heizlasten zu verschieben, indem die vorhandene Gebäudemasse genutzt wird. Um das zu erreichen wird empfohlen hohe Spitzenlast höher zu bepreisen. Das Simulationsmodell zeigt, dass bei der Umsetzung dieser neuen Tarifstruktur der Wärmebedarf leicht ansteigt. Als Gegenprobe konnte im Modell auch gezeigt werden, dass hohe Arbeitspreise Nachtabsenkungen (insbesondere in Bürogebäuden) begünstigen und so zu sehr hohen Lasten in den Morgenstunden führen.

Testen von Demand Side Management Strategien an realen Gebäuden

Ein sehr häufiger Nachteil von den oben dargestellten Ergebnissen ist, dass diese meist nur simulativ demonstriert werden können und die tatsächlichen Auswirkungen in den Gebäuden für unterschiedliche Demand-Side-Management Eingriffe nicht real getestet werden. A. Mohammadnia et al. möchten genau dazu mit dem Artikel "Feasibility assessment of next-generation smart district heating networks by intelligent energy management strategies" einen entscheidenden Beitrag leisten.

Dazu werden insgesamt neun typische Strategien für fortschrittliche Regelungen für Gebäude, welche an Fernwärmenetze angeschlossen sind, getestet. Die Strategien reichen von einer Abschaltung der Leistung über einen kurzen Zeitraum, über die Reduktion der Leistung, indem die Vorlauftemperatur verringert wird, bis zu einem Vorheizen der Gebäude über eine höhere Leistung sowie der Kombination der Varianten. Jede Strategie wird an einem realen Gebäude für etwa sieben Tage in drei unterschiedlichen Gebäuden getestet. Dabei werden sowohl die Innenraumtemperaturen als auch der Wärmeverbrauch in einzelnen Räumen der Gebäude gemessen. Es wird gezeigt, dass insbesondere die gezielte Reduktion der Vorlauftemperatur großes Potenzial für die Verschiebung von Lastspitzen im Fernwärmenetz hat, den Wärmebedarf der Gebäude reduziert und dennoch für keine signifikanten Einbußen im thermischen Komfort hat. Die Ergebnisse sind wichtig für die zukünftige Einbindung von modernen Demand Side Management Regelungen.

MPC Regelungen für bidirektionale Wärmenetze

Bereits in mehreren Newslettern haben wir Vor- und Nachteile sowie die Funktionsweise von bidirektionalen Wärmenetzen beschrieben. Für diese Wärmenetze gilt besonders, dass die spätere Regelung sowohl energetisch als auch hydraulisch gut ausgeführt werden muss. Der optimierte Betrieb sollte bereits in der Planung mit berücksichtigt werden. Einen Vorschlag für eine modellprädiktive Regelung dieser Wärmenetze machen L. Frison et al. im Artikel "Model predictive control of bidirectional heat transfer in prosumer-based solar district heating networks"

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Das Besondere an dieser Arbeit ist, dass der modellprädiktive Regler mit dem realen Betrieb eines bidirektionalen Wärmenetz verglichen wird. Das Wärmenetz besteht aus einer Heizzentrale sowie 37 Gebäuden, welche alle mit Solarthermischen Anlagen und Pufferspeichern ausgestattet sind. Die Gebäude können sowohl Wärme aus dem Wärmenetz entnehmen als auch überschüssige Wärme aus den Solaranlagen einspeisen. Wenn alle Wärmeströme und möglichen Situationen abgebildet werden sollen, ergibt sich in komplexes Regelungsproblem, welches mit einem fortschrittlichen Ansatz in der vorgestellten Arbeit gelöst wird. Der Vergleich des neuen Regelungsansatzes mit dem realen Betrieb ist sehr eindrucksvoll. Es wir beschrieben, dass bis zum 75 % der bisher zentral eingespeisten Wärme im Sommer durch die Regelung eingespart werden können. Durch die vorausschauende Regelung können die dezentralen Speicher gezielter be- und entladen werden und so das solarthermische Potenzial besser ausgenutzt wird.

Weitere Informationen

Wie immer empfehlen wir die drei Artikel in voller Länge. Die große Anzahl neuer Veröffentlichungen, welche das Thema Regelung in Fernwärmenetzen thematisieren zeigt, dass hier noch ein großes Potenzial steckt, welches in bestehenden und neuen Fernwärmenetzen unbedingt gehoben werden muss.

Die nächste Ausgabe unseres Newsletters wird am 5. Juni 2024 veröffentlicht.

Mit freundlichen Grüßen,
Ihr Heatbeat-Team

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