Liebe Leserinnen und Leser,
in der 44. Ausgabe unseres heatbeat Research Newsletters präsentieren wir 2 Beispiele dafür, wie die Berücksichtigung des Verhaltens von Übergabestationen dazu beitragen kann, den Netzbetrieb als Ganzes zu verbessern. Während sich die erste Veröffentlichung auf die aktive Gestaltung des Lastprofils einer einzelnen sehr großen Kundenübergabestation konzentriert, liegt der Fokus der zweiten Veröffentlichung auf der Auswertung der Messdaten einer großen Anzahl kleiner Übergabestationen. Zusammen liefern beide Arbeiten interessante Erkenntnisse für die ganzheitliche Optimierung des Betriebs von Fernwärmenetzen.
Neben der Einbindung von mehr erneuerbaren Wärmequellen ist die Verbesserung der Effizienz von Fernwärmenetzen im Betrieb und die Vermeidung des Einsatzes von Spitzenlastkesseln eine weitere zentrale Herausforderung in der Wärmewende. Im Paper "Peak shaving at system level with a large district heating substation using deep learning forecasting models" präsentieren Trabert et al. einen interessanten Anwendungsfall zur Verbesserung des Netzbetriebs.
Die Arbeit ist eine Fallstudie basierend auf einem bestehenden Netz, das 2 Einspeisepunkte umfasst: ein Heizkraftwerk mit rund 135 MW installierter thermischer Leistung und ein Spitzenlastheizwerk an einem separaten Standort mit rund 70 MW installierter Leistung. In diesem Netz entfallen rund 7 % der Gesamtwärmelast im System auf einen einzelnen Industriekunden. Somit hat die Last dieses einen Kunden einen erheblichen Einfluss auf das Gesamtsystem. Um den Systembetrieb zu verbessern, untersucht die Arbeit, wie der Einsatz eines Wärmespeichertanks und die Prognose der Wärmelast am Kundenstandort dazu beitragen können, Spitzen im Netz reduzieren und somit den Einsatz der Spitzenlastkessel zu vermeiden.
Bei den Ergebnissen ist es interessant zu sehen, welchen Einfluss unterschiedliche Optimierungsintervalle (bis zu 24 Stunden), die Speicherkapazität (bis zu 7 Stunden Abnahme des Kunden) und die Methodik der Vorhersage haben. Das Paper zeigt, wie die Einbeziehung einer Wettervorhersage die Lastspitzen im Vergleich zur alleinigen Nutzung vorhergehender Messdaten reduziert und wie viel besser eine perfekte Wettervorhersage im Vergleich zu einer realen Wettervorhersage mit Abweichungen zum tatsächlichen Wetter wäre. Die Studie zeigt, dass das wirtschaftliche Optimum für den Anwendungsfall eine Speicherkapazität zum Puffern von 1 bis 2 Betriebsstunden war und dass eine gute Prognosemethode die Lastspitzen dieses großen Kunden mit vorteilhaften Auswirkungen auf das gesamte Netz reduzieren kann.
Während die oben genannte Veröffentlichung zeigt, dass ein einzelner großer Kunde optimiert werden kann, um einen positiven Einfluss auf den Netzbetrieb zu haben, wissen wir, dass fehlerhafte und ineffiziente Übergabestationen auch einen negativen Einfluss auf den Netzbetrieb haben können. Und die zunehmende Digitalisierung von Übergabestationen und Smart Metering bieten zunehmend Möglichkeiten, solche Fehler zu erkennen und damit die Verbesserung des Netzbetriebs zu unterstützen. In diesem Zusammenhang beschreibt die Veröffentlichung "Contextual operational energy performance indexing of district heating consumers" von Søndergaard et al. einen interessanten Anwendungsfall. Dabei werden Kennzahlen zur Messung der Effizienz für Übergabestationen definiert und deren Verwendung zur Clusterung und Bewertung dieser Übergabestationen nach ihrer Effizienz beschrieben.
Als Grundlage für diese Studie nutzen die Autoren Smart-Meter-Daten von mehreren hundert Gebäuden, einschließlich des Wärmeverbrauchs, der Vor- und Rücklauftemperaturen sowie des Volumenstroms in stündlicher Auflösung über einen Zeitraum von 3 Jahren. Als eine Kennzahl definieren die Autoren einen "Energieeffizienzparameter", mit dem sie den Wärmeverbrauch pro Gebäudefläche und in Relation zur Außenlufttemperatur für ähnliche Gebäudegruppen (basierend auf Gebäudetyp und Baujahr) vergleichen. Darüber hinaus definieren sie als zweite Metrik einen "Auskühlungseffizienzparameter", der als Differenz zwischen der Vor- und Rücklauftemperatur der Übergabestation berechnet wird und somit angibt, wie effizient die Übergabestationen das Medium im Wärmenetz auf der Primärseite abkühlen, wenn sie Wärme aus dem Netz entnehmen.
Basierend auf diesen Kennzahlen definiert die Arbeit 4 Effizienzcluster für die Gebäude und zeigt Beispiele für die Nachverfolgung der täglichen Gebäudeeffizienz, sowohl im Vergleich zu anderen Gebäuden als auch zu ihrem eigenen historischen Durchschnitt. Darüber hinaus zeigen die Autoren, wie die Nachverfolgung dieser Metriken und der Vergleich mit Schwellenwerten dabei helfen kann, Fehler im Verhalten der Übergabestationen zu erkennen. Auch wenn ähnliche Ergebnisse mit anderen Kennzahlen möglich sind, halten wir diese Untersuchung für ein gutes Beispiel dafür, wie Smart-Meter-Daten genutzt werden können, um das Verhalten von Übergabestationen zu bewerten, Fehler zu erkennen und so eine Grundlage für die kontinuierliche Optimierung des Netzbetriebs zu schaffen.
Die nächste Ausgabe unseres Newsletters erscheint am 3. Juli 2024.