heatbeat Blog

Newsletter-Ausgabe 45
03.07.2024

Optimierungs- und Simulationsmodelle für Erdbeckenspeicher

Liebe Leserinnen und Leser,

für die 45. Ausgabe unseres heatbeat Research Newsletters konzentrieren wir uns auf thermische Saisonalspeicher für Wärmenetze. Dazu stellen wir zwei neue Artikel vor. Solarenergie ist insbesondere im Sommer verfügbar, dann wenn in den meisten Wärmenetzen die Nachfrage niedrig ist. Thermische Saisonalspeicher sollen diesen zeitliche Versatz zwischen dem nachfragestarken Winter und angebotsstarken Sommer ausgleichen. Häufig werden dafür Erdbeckenspeicher eingesetzt. Über saisonale Speicher und auch insbesondere über Erdbeckenspeicher haben wir bereits in einem unserer frühen Newsletter geschrieben ("heatbeat Blog Ausgabe 29"). Erdbeckenspeicher nutzen ein großes Wasservolumen, welches in künstlichen großen Erdbecken gehalten wird. In der einfachsten Form wird mit Erde ein Wall aufgeschoben, das entstehende Becken mit Folien isoliert und die Wasseroberfläche gegen Wärmeverluste gedämmt. Erdbeckenspeicher können bis zu 210.000 m³ Wasser bei 95 °C speichern (Projekt Vojens in Dänemark). Wirkungsgrade sind bereits messtechnisch mit bis zu 90 % nachgewiesen worden. Im ersten Artikel wird ein neues Modell in der Modellierungssprache Modelica vorgestellt. Modelica verwenden wir bei heatbeat ebenfalls für unsere thermo-hydraulische Modelle. Der zweite Artikel vergleicht zwei unterschiedliche Möglichkeiten Erdbeckenspeicher im Sommer zu beladen. Es werden solarthermische Kollektoren mit der Kombination von PV und Großwärmepumpen (Quelle Luft) verglichen.

Entwicklung, Validierung und Anwendung eines neues Modlica Modells für Erdbeckenspeicher

Das Paper "Development, validation and demonstration of a new Modelica pit thermal energy storage model for system simulation and optimization" von Formhals et al. stellt ein neues Modell für die Simulation und Optimierung von thermischen Energiespeichern vor. Der Fokus liegt auf der Nutzung der Modellierungssprache Modelica, um die Itegration in Systemmodelle zu ermöglichen und so eine entscheidende Rolle bei der Integration und Entwicklung neuer Konzepte zu leisten.

Das entwickelte Modell wird mit Hilfe eines Modellvergleichs validiert und zeigt eine grundsätzlich gute Genauigkeit bei der Vorhersage von Temperaturverläufen und Energieverlusten. Verbesserungspotenzial wird insbesondere bei der Modellierung des Wärmeübergangs zum Boden identifiziert, bei dem das genauer aufgelöste Modell (FEM) bessere Ergebnisse prognostiziert. Die Autoren betonen, dass das Modell zur Optimierung in Energiesystemmodellen eingesetzt werden kann und dort den Planungsprozess und Design von neuen Erdbeckenspeicher-Systemen unterstützt.

Dazu wird das Modell an einem Praxisbeispiel angewendet. Das Praxisbeispiel ist ein Fernwärmesystem, welches aus drei verschiedenen Quellen gespeist werden kann: Solarthermie, Wärmepumpe (Quelle Erdbeckenspeicher) und einem Spitzenlastkessel. Im Sommer wird der Erdbeckenspeicher mit der Solarthermie beladen. Der Speicher kann bis zum 90 °C erwärmt werden. Der Anwendungsfall wurde anhand von ökologischen und ökonomischen Aspekten optimiert. Dabei wurde der Fall mit und ohne Förderung betrachtet. Das Optimierungsmodell konnte die Kollektorfläche der Solarthermie, das Speichervolumen und die Größe der Wärmepumpe optimieren. Es zeigt sich, dass das Modell gut für die Anwendung in Optimierungen geeignet ist. DIe Ergebnisse deuten darauf hin, dass der Einsatz von saisonalen Speichern nur mit einer Förderung wirtschaftlich betrieben werden kann. Ohne Förderung ermittel die Optimierung deutlich geringere Speichergrößen.

Vergleich von Solarthermie und PV + Wärmepumpe zur Beladung von saisonalen Speichern

Ein sehr häufiger Vergleich in Wärmeerzeugungssysteme ist der Vergleich zwischen direkter Solarthermie und der Kombination von PV und Wärmepumpe. Die Autoren Sporleder et al. stellen diesen Vergleich ebenfalls an, jedoch explizit für die Beladung von Erdbeckenspeichern. Dazu entwickelt sie in ihrer Arbeit "Solar thermal vs. PV with a heat pump: A comparison of different charging technologies for seasonal storage systems in district heating networks" eine open-source Python Optimierung und wenden die Optimierung auf ein Wärmenetz in Ostdeutschland an. Besonders hervorzuheben sind die linearen Kostennäherungen für die wesentlichen Komponenten in Abhängigkeit der jeweiligen Größe des Systems. Dieser Zusammenhang wird oftmals nur mit pauschalen Faktoren beschrieben.

Das Optimierungsframework wurde in einem ausgiebigen Anwendungsbeispiel demonstriert, um die beiden Konzepte Solarthermie und PV + Wärmepumpe zur Beladung des Erdbeckenspeichers zu vergleichen. Es wurden dabei die Temperatur im Speicher, die Stromkosten des Netzbezugs und die Grundstückspreise variiert. Die Ergebnisse zeigen, dass beide Varianten grundsätzlich Vor- und Nachteile haben. Es kann gezeigt werden, dass der Strompreis nur wenig Einfluss auf beide Konzepte hat. Das liegt insbesondere daran, dass ein großer Anteil des Stroms für die Wärmepumpen über die PV-Anlage selbst gedeckt werden kann. Der übrige Stromeinsatz (z. B. Netzhydraulik) ist im Verhältnis niedriger. Der Einsatz von Solarthermie eignet sich besonders in weniger dicht besiedelten Gebieten, in denen die Grundstückspreise weniger hoch sind. Jedoch benötigen beide Konzepte große Flächen und reagieren deshalb sensibel auf die Änderungen des Grundstückspreises. Grundsätzlich kann außerdem festgehalten werden, dass je höher die Temperaturanforderungen im Netz, desto eher lohnen sich Erdbeckenspeicher.

Weitere Informationen

Wie immer empfehlen wir die Artikel in voller Länge. Aus beiden Artikeln lässt sich ableiten, dass Saisonalspeicher viele technische Vorteile haben, jedoch hohe Kosten und der hohe Flächenbedarf eine Herausforderung darstellen.

Die nächste Ausgabe unseres Newsletters wird am 7. August 2024 veröffentlicht.

Mit freundlichen Grüßen,
Ihr Heatbeat-Team

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