heatbeat Blog

Newsletter-Ausgabe 48
02.10.2024

Integration von Abwärme aus unterschiedlichen Quellen und Tarifsystemen

Liebe Leserinnen und Leser,

in der 48. Ausgabe unseres heatbeat Research Newsletters befassen wir uns näher mit der Integration von Abwärme in Fernwärmenetze. Dazu stellen wir zwei aktuelle Forschungsarbeiten auf diesem Gebiet vor.

Die Erste, "Waste heat from the London Underground: an investigation of the potential benefits of integrating heating and cooling" von Lagoeiro et al., untersucht das Potenzial der Abwärmenutzung aus der Londoner U-Bahn (LU) und die Integration in ein bestehendes Fernwärmenetz. Das zweite Paper, "Waste-heat recovery utilisation for district heating systems under diverse pricing schemes: A bi-level modelling approach" von Monsalves et. al. untersucht verschiedene Preismodelle für die Integration von Abwärme aus Rechenzentren in Fernwärmenetze.

Abwärmenutzung der Londoner U-Bahn

Das erste Forschungsprojekt untersucht das Potenzial der Nutzung der Abwärme der London Underground (LU) als nachhaltige Energiequelle, insbesondere durch das Bunhill Abwärmenutzungssystem (WRG). Das Bunhill WRG-Projekt gewinnt Abwärme aus einem U-Bahn-Lüftungsschacht zurück und speist sie in ein Fernwärmenetz ein, um die umliegenden Gebäude mit kohlenstoffarmer Wärmeenergie zu versorgen. Darüber hinaus kann das System die LU-Tunnel während des Betriebs kühlen und so die Temperaturen im Netz senken.

Die wichtigsten Ergebnisse zeigen, dass das WRG-System etwa 51 % des Wärmebedarfs des Fernwärmenetzes decken und gleichzeitig die Temperaturen in den LU-Tunneln um bis zu 7,2 °C senken kann, was den Fahrgastkomfort verbessert. Die Effizienz des Systems ist am höchsten, wenn es im „Auskopplungsmodus“ betrieben wird und die Abwärme der LU-Tunnel nutzt, aber es erreicht auch eine hohe Gesamtleistung, wenn es im „Versorgungsmodus“ sowohl Heizung als auch Kühlung liefert.

Dieses System kann auch außerhalb Londons eingesetzt werden, insbesondere in anderen dicht besiedelten Gebieten mit U-Bahn-Netzen. Es unterstreicht die Vielseitigkeit der Abwärmenutzung für die Dekarbonisierung von Heizung und Kühlung in Städten auf der ganzen Welt, wo ähnliche Infrastrukturen vorhanden sind. Entscheidend für die Umsetzung ist jedoch die Unterstützung durch die lokale Politik und die Koordination zwischen den Beteiligten (z.B. Bahnbetreiber und Wärmenetzbetreiber).

Einfluss von unterschiedlichen Abwärmepreismodellen

Das zweite Paper „Waste-heat utilization for district heating systems under diverse pricing schemes“ (Nutzung von Abwärme für Fernwärmesysteme unter verschiedenen Preisgestaltungen) konzentriert sich auf die Frage, wie sich verschiedene Preisstrategien für die Abwärmerückgewinnung (WRG) auf die wirtschaftlichen und ökologischen Ergebnisse auswirken, insbesondere in Fernwärmesystemen (DH). Die Analyse verwendet ein zweistufiges Optimierungsmodell, das die Interaktion zwischen einem Fernwärmeversorger und einer Abwärmequelle, in diesem Fall einem Rechenzentrum (DC), simuliert. Das Fernwärmeversorgungsunternehmen legt strategisch Abwärmepreise fest, die die Betriebsentscheidungen des Rechenzentrums beeinflussen.

Es werden vier Preisschemata bewertet:

  1. Grenzkostenpreis (S1): Hier wird davon ausgegangen, dass es keine strategische Preisgestaltung gibt und die Abwärme zu den Grenzbetriebskosten der Wärmepumpe bepreist wird. Die Auslastung der WRG ist gleichmäßig, wobei etwa 70-73 % der verfügbaren Abwärme zurückgewonnen werden. Der Wärmeversorger profitiert am meisten, da er den größten Teil der Kosteneinsparungen einfängt.
  2. Ermessensabhängige stündliche Preisgestaltung (S2): Das Energieversorgungsunternehmen passt die Preise frei an, um seinen Nutzen zu maximieren. Es senkt die Preise strategisch in die Nähe der Kühlsubstitutionskosten des Gleichstromnetzes und stellt so sicher, dass die Abwärmenutzung hoch bleibt (ähnlich wie bei S1), während es den größten Teil der wirtschaftlichen Gewinne auf das Gleichstromnetz verlagert. Die Fernwärme erhält fast alle Einsparungen, während das finanzielle Ergebnis des DC unverändert bleibt.
  3. Einheitliche jährliche Preisgestaltung (S3): Die Abwärme wird das ganze Jahr über gleichmäßig bepreist. Dieser Ansatz verlagert die Abwärme in Zeiten, in denen die Stromkosten niedriger sind, insbesondere im Sommer. Die einheitliche Preisgestaltung erhöht die WRG in kleineren Verteilzentren (+12 %), verringert sie jedoch in größeren Verteilzentren (-5 %). In wirtschaftlicher Hinsicht führt S3 zu einer ausgewogeneren Verteilung der Einsparungen, wobei ein größerer Anteil bei den DC verbleibt (bis zu 72 % Kostenreduzierung für das große DC). Die Gesamteinsparungen im System sind jedoch aufgrund der geringeren Flexibilität niedriger als bei S1 und S2.
  4. Stromkostenindexierte Preise (S4): Die Preise sind an die täglichen Stromkosten gekoppelt. Bei kleineren DCs fördert dies eine konstante WRG während des ganzen Jahres (bis zu 95 % Auslastung). Bei größeren DCs führt dieser Ansatz zu einer geringeren WHR (24 % Auslastung), da das Energieversorgungsunternehmen die Abwärmepreise senkt, wenn die Strompreise hoch sind, um Einnahmeverluste aus der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) zu vermeiden. S4 ist vorteilhaft für den Ausgleich der Stromeinnahmen des Energieversorgungsunternehmens, verringert aber das gesamte WRG-Potenzial.

Die Studie zeigt, dass es je nach Preissystem einen Kompromiss zwischen Kosteneinsparungen und Kohlenstoffemissionen gibt. Granulare Preissysteme wie S1 und S2 maximieren die wirtschaftliche Effizienz für den Energieversorger, bieten aber nur begrenzte Kohlenstoffreduktionen. Umgekehrt verdrängen weniger granulare Systeme wie S3 und S4 die kohlenstoffintensivere Stromerzeugung und bieten bessere Umweltergebnisse, aber geringere Kosteneinsparungen.

Die Ergebnisse zeigen, wie wichtig es ist, die Preisstrategien mit den Unternehmenszielen in Einklang zu bringen, insbesondere bei der Optimierung zwischen Kosteneffizienz und Emissionsreduktion. Darüber hinaus bieten einheitliche Preissysteme eine ausgewogenere Verteilung der Vorteile zwischen dem DC- und dem Fernwärmeversorger, während diskretionäre und indexierte Preise den Fernwärmeversorger stark begünstigen.

Weitere Informationen

Wie immer empfehlen wir, die Artikel vollständig zu lesen. Der erste Artikel untersucht eine ungewöhnliche Abwärmequelle und bewertet ihre Effizienz für die Integration in bestehende Fernwärmenetze. Der zweite Artikel zeigt, dass die Nutzung von Abwärme eine wichtige Wärmequelle für Fernwärmenetze ist, deren Effizienz jedoch von der Preisgestaltung abhängt.

Die nächste Ausgabe unseres Newsletters erscheint am 6. November 2024.

Mit freundlichen Grüßen,
Ihr Heatbeat-Team

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