heatbeat Blog

Newsletter-Ausgabe 53
05.03.2025

Von der Netzplanung zur optimierten und vorausschauenden Netzsteuerung

Liebe Leserinnen und Leser,

In der 53. Ausgabe unseres heatbeat Research Newsletters werfen wir einen Blick auf zwei kürzlich veröffentlichte Arbeiten im Bereich der Fernwärmenetzplanung und der optimalen Steuerung der Versorgungsanlagen.

Die erste Arbeit "Investigating the sensitivity of input parameters on the predicted allowable heat generation costs for district heating supply" von Friebe et al. stellt eine neue Methode zur Untersuchung der Machbarkeit von Fernwärmenetzen im Vergleich zu dezentralen Einzellösungen vor. Das zweite Paper "Optimizing district heating operations: Network modeling and its implications on system efficiency and operation"

von Friedrich et al. untersucht fortschrittliche Fernwärmeregelungstechnologien mit Day-Ahead-Betriebsplanung.

Die erste Forschungsarbeit untersucht die Sensitivität verschiedener Eingangsparameter, die sich auf die prognostizierten zulässigen Wärmeerzeugungskosten für die Fernwärmeversorgung auswirken. Mit zunehmender Bedeutung der Klimaneutralität stehen die Kommunen vor der wichtigen Entscheidung, ob sie die Wärmeversorgung über Fernwärmenetze (DHNs) sicherstellen oder auf individuelle Wärmelösungen auf Gebäudeebene setzen sollen. Bestehende Planungsrichtlinien konzentrieren sich in erster Linie auf die Wärmedichte als Schlüsselfaktor für die wirtschaftliche Machbarkeit. Diese Studie argumentiert, dass andere Variablen die Kosteneffizienz von DHNs erheblich beeinflussen.

Um dieses Problem anzugehen, wird in dem Paper eine neue Kennzahl eingeführt: Predicted Allowable Levelized Cost of Heat (PA-LCOH), die die maximale Kostenschwelle für die DHN-Wärmeerzeugung definiert, um mit individuellen Heizlösungen konkurrenzfähig zu bleiben. Es wurde eine Sensitivitätsanalyse mit einem Python-basierten Modell durchgeführt, um 15 Schlüsselparameter zu untersuchen, darunter Energiekosten, Heizsystemkosten, Wärmedichte, Rohrleitungskosten und die saisonale Leistungszahl (SCOP) von Wärmepumpen.

Die Ergebnisse zeigen, dass die Wärmedichte, das Grundstücksverhältnis und die Rohrleitungskosten für die Wirtschaftlichkeit von DHNs entscheidend bleiben, aber Faktoren, die die einzelnen Heizungsalternativen beeinflussen, wie Strompreise, SCOP von Wärmepumpen und Biomassebrennstoffkosten, weisen eine ebenso hohe Sensitivität auf. Die Studie zeigt, dass der SCOP in Wärmepumpenszenarien den größten Einfluss hat, während der Biomassepreis bei Biomassekesseln dominiert. Darüber hinaus wirken sich die Zinssätze und die Netzinvestitionskosten erheblich auf die Wettbewerbsfähigkeit von DHNs aus.

Die Ergebnisse stellen herkömmliche DHN-Planungsansätze in Frage, die sich ausschließlich auf Flächen- und Netzparameter stützen. Stattdessen ist eine ganzheitliche Bewertung unter Einbeziehung der individuellen Heizkosten unerlässlich. Künftige Forschungsarbeiten sollten sich auf die Verfeinerung der PA-LCOH-Berechnungen, die Untersuchung von kalten Wärmenetzen und die Einbeziehung realer Wärmeerzeugungskosten zur Verbesserung der wirtschaftlichen Bewertung konzentrieren.

Das zweite Paper befasst sich mit der Optimierung des Betriebs von Fernwärmesystemen mithilfe fortschrittlicher Netzmodellierungstechniken. Da Fernwärmesysteme zunehmend erneuerbare Energiequellen und Großwärmepumpen integrieren, ist eine genaue Betriebsplanung von entscheidender Bedeutung, um Effizienz, Kosten und technische Machbarkeit in Einklang zu bringen. Die Studie vergleicht zwei Netzmodellierungsansätze für die Day-Ahead-Betriebsplanung: ein lineares gemischt-ganzzahliges Optimierungsmodell (MILP-Modell), das aus Gründen der Recheneffizienz von gleichmäßigen Temperaturverteilungen ausgeht, und ein nichtlineares gemischt-ganzzahliges Optimierungsmodell (MINLP-Modell), das temperaturabhängige Wärmeverluste, die Vermischung verschiedener Temperaturquellen und ungleichmäßige Temperaturzonen berücksichtigt. Zur Validierung der Modelle wurden instationäre Simulationen in Modelica durchgeführt, um die Anwendbarkeit in der Praxis zu gewährleisten.

Die Ergebnisse zeigen, dass die nichtlineare Modellierung die Effizienz von Wärmepumpen durch eine flexible Temperaturregelung erheblich steigert. Das MINLP-Modell reduziert die Vorlauftemperaturen der Wärmepumpe um bis zu 15 °C, was zu höheren Leistungszahlen (COP) und niedrigeren Betriebskosten führt. Im Gegensatz dazu überschätzt das MILP-Modell häufig die erforderlichen Temperaturen, was zu einem höheren Energieverbrauch und geringerer Effizienz führt. In Netzen mit gemischten Wärmequellen wie Wärmepumpen und Blockheizkraftwerken (BHKW) optimiert das nichtlineare Modell die Temperaturmischung, was die Gesamtenergiekosten um bis zu 16 % senkt und die Effizienz des Netzes erhöht.

Aus ökologischer Sicht zeigt die Studie, dass niedrigere Vorlauftemperaturen von Wärmepumpen im MINLP-Modell die strombedingten CO₂-Emissionen reduzieren und damit zur Dekarbonisierung beitragen. Die in der Analyse verwendete Carnot-Allokationsmethode schreibt der Wärme bei höheren Temperaturen jedoch höhere Emissionen zu, was zu erhöhten CO₂-Emissionen für KWK-Anlagen führt, wenn diese neben Wärmepumpen betrieben werden. Die Studie untersucht auch die Rolle von Wärmetauschern bei der Netzgestaltung und zeigt, dass Niedertemperatur-Teilnetze die Effizienz verbessern können, ohne dass komplexe nichtlineare Modelle erforderlich sind. Dies deutet darauf hin, dass strategische Änderungen der Netztopologie eine Alternative zu rechenintensiven Optimierungstechniken darstellen könnten.

Die Ergebnisse zeigen, dass die nichtlineare Modellierung in Netzen mit unterschiedlichem Wärmebedarf und flexiblen Versorgungsquellen am vorteilhaftesten ist. Zukünftige Forschungsarbeiten sollten sich auf die Skalierung nichtlinearer Modelle für große städtische Wärmenetze, die Integration von KI-gesteuerten Echtzeit-Regelungsstrategien und die Erforschung neuer Preismechanismen für den Wettbewerb zwischen KWK und Wärmepumpen in lokalen Wärmemärkten konzentrieren. Durch den Einsatz fortschrittlicher Optimierungstechniken können Wärmenetzsysteme die Kosteneffizienz verbessern, die Emissionen reduzieren und die energetische Nachhaltigkeit erhöhen und so den Übergang zu kohlenstoffarmen Fernwärmelösungen unterstützen.

Weitere Informationen

Wie immer empfehlen wir, den Artikel vollständig zu lesen. Außerdem möchten wir einen kleinen Hinweis in eigener Sache teilen: Neben diesem Research Newsletter und verschiedenen Blog-Einträgen haben wir unseren Blog um ein monatliches Feature-Update erweitert, das wichtige Entwicklungen und neue Features in unserem heatbeat Digital Twin zusammenfasst. Den ersten Eintrag dazu finden Sie unter. "https://heatbeat.de/de/blog/64/"

Die nächste Ausgabe unseres Newsletters wird am 2. April 2025 erscheinen.

Mit freundlichen Grüßen,
Ihr Heatbeat-Team

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