Liebe Leserinnen und Leser,
in der 55. Ausgabe unseres heatbeat Research Newsletters befassen wir uns mit der geothermischen Nutzung in Fernwärmenetzen.
Der erste Beitrag "Medium-deep geothermal resources in the Molasse Basin: A geological, techno-economic, and ecological study of large-scale heat pump integration" Der zweite Beitrag, mit dem Titel "Current research on aquifer thermal energy storage (ATES) in Germany" von Stemmle et al. gibt in diesem Monat einen Überblick über deutsche Forschungsstandorte auf dem Gebiet der thermischen Aquiferspeicher.
Der erste Beitrag mit dem Titel „Medium-deep geothermal resources in the Molasse Basin: A geological, techno-economic, and ecological study of large-scale heat pump integration“ stellt eine umfassende Bewertung des Potenzials für die Integration von mitteltiefen geothermischen Systemen mit Großwärmepumpen (HTHP, engl.: high-temperature heat pumps) im nördlichen Süddeutschen Molassebecken (SGMB, engl.: South German Molasse Basin) vor. Ziel ist es, einen nachhaltigen und kosteneffizienten Weg zur Dekarbonisierung von Fernwärmenetzen zu identifizieren, insbesondere dort, wo traditionelle Hochtemperatur-Geothermiequellen nicht verfügbar sind.
Im Gegensatz zu tiefen Geothermieprojekten, die hohe Bohrkosten erfordern und Temperaturen über 80 °C erreichen, bieten mitteltiefe Systeme (in Tiefen ≤ 2500 m und Temperaturen ≤ 80 °C) niedrigere Explorationskosten, erfordern aber Wärmepumpen zur Erhöhung der Wassertemperaturen, um mit bestehenden Fernwärmenetzen (DHN, engl.: district heating network) kompatibel zu sein. Diese Studie kombiniert geologische Modellierung, techno-ökonomische Analyse und eine detaillierte Lebenszyklusanalyse (LCA, engl. life-cycle assessment), um die Machbarkeit dieses hybriden Ansatzes zu bewerten.
Ein Basisszenario in 1000 m Tiefe mit 45,6 °C warmem Wasser und einem Durchfluss von 100 kg/s wurde analysiert und ergab Wärmegestehungskosten (LCOH, engl.: levelized cost of heat) von 113 €/MWh und eine Amortisationszeit von 5 Jahren. Sensitivitätsanalysen zeigten, dass die LCOH je nach geologischen Bedingungen, Strompreisen und Systemkonfigurationen zwischen 77 und 151 €/MWh liegen können. Tiefere Bohrungen und höhere Soleflussraten verringern die LCOH und verbessern die Leistung. Unter Umweltgesichtspunkten erreichte das System eine Treibhausgasemissionsintensität von 103 g CO₂/kWh - nahe dem EU-Taxonomieschwellenwert von 100 g CO₂/kWh, wobei der Stromverbrauch der wichtigste Faktor ist.
Die Neuartigkeit der Studie liegt in ihrem ganzheitlichen regionalen Ansatz, der über isolierte Fallstudien hinausgeht. Sie liefert umsetzbare Erkenntnisse für kommunale Planer und politische Entscheidungsträger beim Übergang zu kohlenstoffarmen Heizungslösungen. Zukünftige Forschung sollte dynamische Strompreise, CO₂-Besteuerung und eine breitere Skalierbarkeit unter verschiedenen Netzdekarbonisierungsszenarien untersuchen.
Das zweite Papier "Current research on aquifer thermal energy storage (ATES) in Germany" gibt einen umfassenden Überblick über den aktuellen Stand der Forschung zur thermischen Energiespeicherung in Aquiferen und im Bergwerk ((MTES, engl.: mine thermal energy storage)) in Deutschland. Diese unterirdischen Wärmespeichertechnologien (UTES, engl.: underground thermal energy storage) werden als wichtige Instrumente zur Unterstützung der Dekarbonisierung des Wärme- und Kältesektors angesehen, der fast 50 % des deutschen Endenergieverbrauchs ausmacht. ATES-Systeme nutzen grundwasserführende Aquifere, um Wärmeenergie saisonal zu speichern - entweder bei niedrigen Temperaturen (LT-ATES, engl.: low temperature) unter Verwendung von Abwärme oder bei hohen Temperaturen (HT-ATES, engl.: high temperature) aus Quellen wie industrieller Abwärme oder Solarthermie.
Der Bericht umfasst 3 LT-ATES, 8 HT-ATES und 2 MTES-Forschungsstandorte in Deutschland. Obwohl sich diese Studien auf verschiedene Standorte und Methoden erstrecken, befinden sich die meisten noch in einem frühen Entwicklungsstadium mit niedrigem Technologiereifegrad (TRL 2-4, engl:. technology readiness levels). Vor allem HT-ATES-Projekte sind weiter verbreitet, was auf ein wachsendes Interesse an der Integration von Hochtemperaturspeichern in Fernwärmenetze hinweist. Allerdings zielen nur wenige Initiativen auf eine reale Umsetzung ab. Zu den Haupthindernissen gehören komplexe rechtliche Rahmenbedingungen, Probleme bei der Erteilung von Genehmigungen und standortspezifische Beschränkungen, insbesondere in städtischen Gebieten.
Pilotprojekte in Berlin, Freiburg, Mannheim und München zeigen das technische Potenzial und die innovativen Anwendungen von ATES und MTES, einschließlich der Integration mit Hochtemperaturwärmepumpen und der Wiederverwendung stillgelegter Bergwerke. Trotz positiver Simulations- und Testergebnisse wird eine breitere Anwendung durch Unsicherheiten in Bezug auf die wirtschaftliche Tragfähigkeit, die Systemleistung und die Umweltauswirkungen eingeschränkt.
Das Paper schließt mit der Forderung nach mehr Demonstrationsprojekten, strafferen Vorschriften und gezielter F&E-Finanzierung zur Anhebung der TRLs. Der Schwerpunkt liegt auf der Integration von ATES in bestehende städtische Energiesysteme und der Durchführung umfassender technisch-ökonomischer und ökologischer Bewertungen. Die Studie positioniert ATES und MTES als vielversprechende, aber nicht ausreichend genutzte Lösungen für die Energiewende in Deutschland.
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Die nächste Ausgabe unseres Newsletters wird am 4. Juni 2025 erscheinen.