Liebe Leserinnen und Leser,
in der 57. Ausgabe unseres heatbeat Research Newsletters werfen wir einen Blick auf die neuesten Forschungsergebnisse im Bereich der vorhersagegestützten Betriebsoptimierung und der Analyse des Abwärmepotentials verschiedener Abwärmequellen in Wärmenetzen der 5ten Generation.
Der erste Beitrag "Evaluating Waste Heat Potential for Fifth Generation District Heating and Cooling (5GDHC): Analysis Across 26 Building Types and Recovery Strategies" von Chicherin befasst sich mit der Analyse des Abwärmepotentials von insgesamt 26 verschiedenen Typgebäuden in Wärmenetze der 5ten Generation. Der zweite Beitrag in diesem Monat gibt einen Analysiert neuartige Regelungsstrategien durch den Vergleich von Modellprädiktiver Regelung zu regelbasierten Steuerungslogiken und trägt den Titel "Operational Control of a Multi-energy District Heating System: Comparison of Model-Predictive Control and Rule-Based Control" von Descamps et al.
Die Studie von Stanislav Chicherin bietet eine umfassende Bewertung des Potenzials zur Rückgewinnung von Abwärme aus 26 verschiedenen Gebäudetypen zur Integration in sogenannte fünfte Generation Fernwärme- und -kältesysteme (5GDHC). Diese Systeme arbeiten mit sehr niedrigen Temperaturen und ermöglichen einen bidirektionalen Energieaustausch zwischen Erzeugern und Verbrauchern, was eine nachhaltige Alternative zu herkömmlichen Heiz- und Kühlsystemen darstellt. Die Untersuchung konzentriert sich auf gemäßigt-temperierte Regionen wie Flandern (Belgien) und kombiniert technische Leistungskennzahlen (z. B. EER, PUE, SCOP) mit wirtschaftlichen Bewertungen (CapEx und OpEx). Mithilfe von Regressionsanalysen und empirischen Modellen werden Kühlleistungen, Gerätegrößen und Rückgewinnungseffizienzen abgeschätzt. Die durchschnittliche Kühllast beträgt etwa 58 % der Spitzenlast, mit SCOP-Werten zwischen 6,1 und 10,3.
Die Ergebnisse zeigen, dass das Rückgewinnungspotenzial stark vom Gebäudetyp abhängt – mit Umwandlungsraten zwischen 33 % und 68 %, im Mittel 59 %. Besonders geeignet sind Rechenzentren, Supermärkte und Kühlhäuser, insbesondere bei einer Auslastung über 55 %. So kann ein Rechenzentrum mit Wasser-Wasser-Wärmepumpen bis zu 10,1 GWh/Jahr an nutzbarer Wärme erzeugen. Die Betriebskosten (OpEx) und Investitionskosten (CapEx) liegen bei allen Gebäudetypen nahe beieinander (Abweichung < 2,5 %), was auf eine ausgewogene Systemkonfiguration hinweist. Die saisonale Betriebsweise – Wärmetauscher im Sommer, Wärmepumpe im Winter, freie Kühlung im Winter – optimiert die Energierückgewinnung. Die Gebäudehülle, die Art des Kühlsystems und die Betriebsparameter sind entscheidend für die Nutzbarkeit der Abwärme.
Insgesamt liefert die Studie ein skalierbares Konzept zur Integration von Niedertemperatur-Abwärme in 5GDHC-Netze mit Einsparpotenzialen von bis zu 40 %. Sie schlägt ein vereinfachtes Set an Eingabeparametern für Planer vor (z. B. Standort, Gebäudetyp, Geräteleistung, Fläche), um die Machbarkeit frühzeitig zu bewerten. Durch die Quantifizierung der Energieerzeugung und Rückgewinnung über verschiedene Sektoren hinweg unterstützt die Arbeit die strategische Planung zur Dekarbonisierung urbaner Energiesysteme.
Die Studie untersucht und vergleicht zwei Betriebsstrategien für ein multienergiebasiertes Fernwärmenetz (District Heating Network, DHN): eine regelbasierte Steuerung (Rule-Based Control, RBC) und eine modellprädiktive Steuerung (Model Predictive Control, MPC). Das DHN besteht aus einem Gasheizkessel, einer Wärmepumpe, einem solarthermischen Feld und einem Wärmespeicher. Die Simulation erfolgt über ein digitales Abbild des Systems in Modelica, wobei die Steuerungsstrategien über die Co-Simulationsplattform PEGASE implementiert und über einen Zeitraum von drei Monaten getestet werden. Während RBC auf aktuelle Systemzustände reagiert, optimiert MPC den Betrieb vorausschauend unter Berücksichtigung von Prognosen und variablen Energiekosten.
Die MPC-Strategie basiert auf einer gemischt-ganzzahligen linearen Optimierung (MILP), bei der die Leistungswerte der Wärmeerzeuger und der Ladezustand des Speichers optimiert werden. Die Simulationsergebnisse zeigen, dass MPC die Betriebskosten im Vergleich zu RBC um 4,6 % senkt, insbesondere durch eine Reduktion des Gasverbrauchs um über 20 %. Die Wärmepumpe wird bevorzugt in Zeiten niedriger Strompreise eingesetzt. Allerdings wird die Solarenergie unter MPC leicht unterausgeschöpft, da Prognosefehler zu einer Überfüllung des Speichers führen können. Verschiedene Szenarien zur Anlagendimensionierung zeigen, dass Wärmepumpen mit höheren Leistungen oder eine Reduktion der Solarfläche unterschiedliche Auswirkungen auf Kosten und Energiequellenanteile haben.
Zusammenfassend übertrifft MPC die RBC-Strategie hinsichtlich Kosten- und Energieeffizienz, insbesondere in Systemen mit erneuerbaren Energien und Speichern. Die PEGASE-Plattform erweist sich als leistungsfähiges Werkzeug zur Integration von Simulation und Steuerung. Zukünftige Arbeiten sollen die Strategien in einem realen DHN testen und die MPC-Formulierung durch genauere Prognosen und Einbindung solarthermischer Randbedingungen weiter verbessern.
Wie immer empfehlen wir, die Artikel vollständig zu lesen. Zusätzlich zu diesem Forschungsnewsletter und verschiedenen Blogbeiträgen haben wir unseren Blog um ein monatliches Feature-Update erweitert, das wichtige Entwicklungen und neue Funktionen unseres heatbeat Digital Twin zusammenfasst. Den aktuellen Beitrag finden Sie unter "https://heatbeat.de/de/blog/76/"
Die nächste Ausgabe unseres Newsletters wird am 6. August 2025 erscheinen.